Politik

"Bewährungsfrist" Union drischt auf Ministerin Schmidt ein

Der Streit über die Gesundheitsreform wird zur ersten Zerreißprobe für die Koalition im neuen Jahr. Die Unions-Führung forderte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt am Mittwoch auf, im Januar Vorschläge zu machen, um das geplante In-Kraft-Treten der Reform zum 1. April zu sichern. Die SPD-Politikerin lehnte dies ab. Die CSU drohte ultimativ mit dem Scheitern des Projekts. Generalsekretär Markus Söder erklärte: "Frau Schmidt hat sozusagen Bewährungsfrist." Wenn sie ihr Gesetz nicht korrigiere, gebe es keine Reform.

CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder verzichtete auf eine Drohung, zeigte sich aber ebenso entschlossen, die Ministerin zum Einlenken zu bewegen. Schmidts Ressort habe "Vorschriften für die private Krankenversicherung in das Gesetz geschrieben, die so nicht verabredet waren", sagte er der "Bild"-Zeitung. Sollte sich die Sozialdemokratin der korrekten Umsetzung der Eckpunkte verweigern, werde die Union nachhelfen.

Die für den 19. Januar angesetzte Verabschiedung der Reform im Bundestag soll auf Wunsch der Union um zwei Wochen verschoben werden. Hintergrund ist der Konflikt um die Kosten für die Länder und die Kritik aus der CSU an Auflagen für die private Krankenversicherung. Die Spitzenverbände der Krankenkassen appellierten wie die Oppositionsparteien an die Koalition, "die Notbremse zu ziehen" und das Vorhaben zu begraben.

Die Regierung ist jedoch nach Angaben ihres Sprechers Ulrich Wilhelm fest entschlossen, den 1. April als Starttermin zu halten. Es werde gelingen, schwierige Detailfragen pünktlich zu klären, sagte er. Auch Kauder und CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla prognostizierten, es bleibe beim 1. April. Pofalla betonte allerdings, die Ministerin müsse Vorschläge unterbreiten, "so dass das klappt". In der CSU wurde der Starttermin in Frage gestellt. Kauders Stellvertreter Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte im "Handelsblatt, der 1. April sei nicht völlig gesichert und hänge von Schmidts Verhalten ab.

"Sie wird Erfolg damit haben"

Schmidts Sprecher Klaus Vater beklagte Pauschalkritik an die Adresse der Ministerin. "Ich weiß schlicht nicht, was damit gemeint ist", sagte er. Die Koalitionsvereinbarung sei eins zu eins umgesetzt. Schmidt werde das Projekt verwirklichen. "Sie wird Erfolg damit haben: Söder hin, Söder her." Wilhelm lehnte es ab, Söders Bewährungsfrist-Aussage über die Ministerin zu kommentieren.

Schmidt will mit einem Gutachten des Chefs der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, den Streit mit mehreren unionsregierten Ländern beilegen. Diese befürchten neue Milliardenbelastungen in Folge der Reform, die Ministerin erwartet weitaus niedrigere Kosten. Im "Rheinischen Merkur" deutete Rürup an, dass seine Studie Schmidts Position stärkt. Die Zahlen der Länder seien "deutlich überdimensioniert", sagte er. Das Gutachten wird am Donnerstag veröffentlicht.

Der von der Union angestrebte Aufschub der Bundestagsabstimmung heizte den Koalitionsstreit weiter an. Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnte vor einem Scheitern der Reform. "Wir stehen vor einer Sollbruchstelle", sagte er dem "Handelsblatt". "Sollte die CSU die Reform der privaten Krankenversicherung weiter verwässern, wäre die Gesundheitsreform für die SPD untragbar." Pofalla nannte Lauterbach daraufhin eine "sozialdemokratische gesundheitspolitische Plaudertasche" und forderte ihn auf, "einfach mal die Klappe zu halten". Die Verschiebung der Abstimmung mache Sinn.

CSU lobt den Zeitgewinn

Auch Söder begrüßte den Zeitgewinn. Nun seien zwei Wochen hinzu gekommen, um Sachfragen zu klären, sagte er dem Sender N24. Mit einem Federstrich könne Schmidt der Reform zum Erfolg verhelfen. Die CSU im Bundestag versuchte zugleich, die Wogen zu glätten. "Für mich war immer klar, dass die Gesundheitsreform in der ersten Sitzungswoche nicht abgeschlossen werden kann", sagte der stellvertretende CSU-Landesgruppenchef Max Straubinger dem "Handelsblatt". Mit einer Verschiebung der Abstimmung könnten die Anliegen der Länder im parlamentarischen Verfahren besprochen werden.

Falls der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat angerufen wird, würde die Koalition in Zeitnot geraten. Dann könnten die Neuerungen frühestens am 30. März die Länderkammer passieren. Der Bundespräsident muss das Gesetz aber noch prüfen und ausfertigen, hätte dafür aber kaum noch Zeit.

Quelle: ntv.de

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