Fahrverbot und Abschiebung Union gegen junge Kriminelle
11.01.2008, 07:29 UhrDie Innenminister von CDU und CSU verlangen im Kampf gegen Jugendkriminalität Fahrverbote für junge Straftäter. Auf einem zweitägigen Treffen in Wiesbaden bekräftigten sie zudem ihre Forderung nach einem "Warnschussarrest" für junge Kriminelle. Die Gewaltneigung in einer bestimmten Altersgruppe steige, sagte der hessische Innenminister und Gastgeber Volker Bouffier (CDU) in Wiesbaden. Deswegen brauche es Gegenmaßnahmen mit "spürbarer Wirkung". Die Innenminister wollen zudem ausländische Straftäter bereits bei einer Verurteilung zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von einem Jahr abschieben können.
Neben repressiven Maßnahmen soll auch die Prävention stärker ins Blickfeld rücken, sagte Staatssekretär August Hanning vom Bundesinnenministerium. Die Innenminister von Niedersachsen und Bayern, Uwe Schünemann und Joachim Herrmann, forderten dazu auch ein Verbot grausamer und menschenverachtender Videospiele. Dies wäre eine wirksamer Schritt zur Vorbeugung gegen Jugendgewalt, sagte der CSU-Politiker Herrmann. In ihrem Eckpunktpapier schlagen die Minister zudem vor, als Alternative oder Ergänzung zu Haftstrafen jugendliche Straftäter zur Teilnahme an Präventionsprojekten zu verpflichten, damit sie eine gewaltfreie Konfliktlösung lernten.
Grundlage für die zweitägigen Gespräche in Wiesbaden war ein Maßnahmenkatalog des Landes Hessen. Darin war auch die Forderung enthalten, dass im Normalfall für 18- bis 21-Jährige das Erwachsenenstrafrecht angewendet werden soll. In der polizeilichen Kriminalstatistik wollen die Innenminister von CDU und CSU zudem künftig auch den Migrationshintergrund von Straftätern erfassen.
Der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen, Christian Pfeiffer, warnte in der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" vor den finanziellen Folgen einer Verschärfung des Jugendstrafrechts. Nach seiner Berechnung müssten bei Einführung des "Warnschussarrests" bundesweit 800 bis 1.000 zusätzliche Gefängniszellen zur Verfügung stehen.
Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes,Christoph Frank, hält höhere Strafen gegen Jugendliche nicht für sinnvoll. "Die Politiker tun gerade so, als ließe sich ein Automatismus abrufen: Härtere Strafen, höhere Abschreckung, weniger Kriminalität. Das ist einfach falsch und widerspricht allen Erkenntnissen", sagte Frank der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Die bisherige Höchststrafe für Jugendliche von zehn Jahren sei schon sehr hoch. Eher sei es wichtig, bei weniger schweren Taten schnell und klar zu reagieren, und dafür reichten die Strafandrohungen vollkommen aus.
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hält eine "Intensivtäterdatei" zur Erfassung jugendlicher Serienstraftäter in allen 16 Bundesländern für nötig. "Sie sollte wie in Niedersachsen bei den Polizeidirektionen vor Ort geführt werden. In die Datei werden sämtliche Entwicklungen des Täters eingetragen, um sie auch Staatsanwaltschaften und Jugendämtern mitzuteilen", sagte er der " Welt".
Richter gegen Koch
Unterdessen setzte sich der Hessische Richterbund gegen Kritik von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) in der Gewalt-Debatte zur Wehr. Wer seine Justiz plündere, dürfe sich nicht über die Folgen wundern, sagte Ingolf Tiefmann, Vorsitzender des Richterbundes, der "Frankfurter Rundschau" (Freitag). Koch hatte zuletzt Defizite bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität in seinem eigenen Bundesland eingeräumt und gesagt, die Jugendgerichte sollten künftig schneller arbeiten. Daran werde man "auch in Hessen weiter arbeiten müssen".
Im Jahr 2003 sind laut Tiefmann in Hessen 120 Richter- und Staatsanwaltsstellen gestrichen worden; 2005 habe das Justizministerium vorgerechnet, dass 130,5 Stellen fehlten. "Man kann aber nicht eine Vase zertreten und dann hinterher sagen, sie sei selbst schuld, dass sie zerbrochen am Boden liegt", sagte Tiefmann, selbst Richter am Frankfurter Landgericht.
Türkische Kritik an Koch
Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) griff Hessens Regierungschef scharf an. Der Verbands-Vorsitzende Kenan Kolat sagte der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung": "Der Zentralrat der Juden hat Recht: Das Niveau des Wahlkampfes von Herrn Koch ist von Kampagnen der NPD kaum noch zu unterscheiden." Er hoffe, "dass Herr Koch von den Wählern die Quittung für seine fremdenfeindliche Politik bekommt". Kolat appellierte an die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, zur Lösung des Streits beizutragen. "Bundeskanzlerin Merkel hätte die Chance, sich von der fremdenfeindlichen Politik des Herrn Koch zu distanzieren. Dies sollte sie schleunigst tun."
Quelle: ntv.de