Ja zum Post-Mindestlohn Union hält Wort
06.12.2007, 08:37 UhrDie Union will dem Post-Mindestlohn trotz eigener Bedenken und ungeachtet drohender Entlassungen bei Post-Konkurrenten im Bundestag zustimmen. Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Norbert Röttgen (CDU) sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", die Union habe die Beendigung des Post-Briefmonopols gewollt, die SPD habe dies in einen Zusammenhang mit dem Mindestlohn gestellt. "Beides zusammen war die Vereinbarung. Daran halten wir uns." Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Laurenz Meyer (CDU), sagte der "Berliner Zeitung": "Ein Aufknüpfen der Pläne ist derzeit nicht absehbar."
Zugleich machten führende Unionsvertreter erneut ihr Unbehagen über die Aufnahme der Briefdienstbranche in das Entsendegesetz deutlich. Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte der "Frankfurter Rundschau", die Union habe vor den schädlichen Folgen für die Arbeitsplätze gewarnt. Die SPD habe versucht, sie kleinzureden. "Ich fürchte, dass dies nicht das Ende der Entwicklung sein wird", sagte der CDU-Politiker mit Blick auf die Ankündigung des Post-Konkurrenten PIN Group, mehr als 1.000 der insgesamt 9.000 Mitarbeiter zu entlassen.
Kritik kam auch von der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Dagmar Wöhrl (CSU): "Was vereinbart wurde, ist ökonomisch falsch", sagte sie der "Financial Times Deutschland". "Der Mindestlohn führt zu Arbeitsplatzverlusten und verhindert, dass mehr gering Qualifizierte eine Arbeit finden." Die Politik sei nicht gut beraten, "wenn sie sich zum Handlanger von großen Unternehmen macht, um Mitwettbewerber auszuschalten".
CDU/CSU-Mittelstandssprecher Michael Fuchs (CDU) nannte die Postregelung eine "unrühmliche Ausnahme". Er kündigte in der Chemnitzer "Freien Presse" an, Mindestlöhne, bei denen ein Wettbewerb verhindert werde, "wird es mit der Union nicht mehr geben". Dagegen forderte die Sprecherin der ostdeutschen SPD-Bundestagsabgeordneten, Iris Gleicke, in derselben Zeitung Mindestlöhne für Ostdeutschland. Sie seien besonders wichtig, um endlich wirksam gegen die dort gezahlten Dumpinglöhne vorgehen zu können.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben, warnte in der "Schweriner Volkszeitung" vor der Einführung von Mindestlöhnen in weiteren Branchen. "Das würde die Zahl der Arbeitslosen wieder deutlich erhöhen." Die Sozialversicherungssysteme garantierten bereits ein Mindesteinkommen.
Niedersachsens FDP-Landes- und Fraktionschef Philipp Rösler kündigte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" an, dass die CDU/FDP-Koalition seines Landes die Ausdehnung des Entsendegesetzes auf den Postbereich im Bundesrat ablehnen werde. Dies würde "eine Vielzahl von Arbeitsplätzen kosten".
Der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle sagte der "Passauer Neuen Presse", es sei absehbar gewesen, "dass die Entscheidung die Falschen trifft, nämlich diejenigen, die ihren Job verlieren".
Bereits Entlassungen bei PIN
Inzwischen macht PIN mit den angekündigten Entlassungen ernst. Unternehmen der Axel-Springer-Tochter in Hamburg, Niedersachsen, Hessen und Nordrhein-Westfalen hätten Massenentlassungen bei den jeweiligen Arbeitsagenturen angezeigt, teilte die Gruppe in Luxemburg mit. Davon betroffen sind 880 Mitarbeiter. Mit weiteren Entlassungen sei zu rechnen, sagte PIN-Chef Günther Thiel. Die Situation bei den übrigen PIN-Gesellschaften werde noch geprüft.
Die Post-Dienstleister sehen sich durch die Lohnuntergrenze im Wettbewerb mit dem Noch-Monopolisten im privaten Briefverkehr behindert. "Wir können uns in der kapitalintensiven Aufbauphase einen Blockadelohn von 9,80 Euro nicht leisten", sagte Thiel, zumal nur die Deutsche Post AG von der Mehrwertsteuer befreit sei. Die PIN-Gruppe kämpft derzeit mit roten Zahlen. Die Post hatte PIN ein "Täuschungsmanöver" vorgeworfen, um unrealistische Geschäftspläne zu kaschieren. Springer wies die Vorwürfe als "groben Unfug" zurück.
Quelle: ntv.de