Politik

Startschuss für Wahlkampf Union im Entlastungsrausch

Wenige Tage nach dem Führungswechsel in der SPD hat die Union erste Weichen für den Bundestagswahlkampf 2009 gestellt. Auf ihrer Klausurtagung in München vereinbarte die Unionsfraktion, offensiv im Wahlkampf für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken zu werben. "Wir werden den Menschen sagen, mit uns könnt ihr 40 Milliarden an Strom sparen", sagte Fraktionschef Volker Kauder (CDU). Im nächsten Koalitionsausschuss will die Unionsfraktion laut Kauder außerdem ein Senken der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung auf 2,8 Prozent fordern. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich dazu allerdings zurückhaltend. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, lehnte die geforderte Senkung des Arbeitslosenbeitrags von 3,3 auf 2,8 Prozent überraschend deutlich ab.

Schmackhafter Atomstrom

Kauder sagte, wenn Atomkraftwerke länger laufen, könne Energie für die Menschen billiger werden. Wenn die Union im Wahlkampf für ihren geplanten Milliardenfonds werbe, werde sich schon zeigen, wie das umstrittene Thema Atomausstieg bei den Menschen ankomme. Nach den Unionsplänen sollen die Stromkonzerne ihre zusätzlichen Gewinne aus längeren AKW-Laufzeiten in einen Fonds fließen lassen, der den Bürgern zugute kommen soll. Die Union erwartet, dass dieser Fonds mit 40 Milliarden Euro gefüllt werden kann.

Der AKW-Betreiber und Stromkonzern RWE erklärte sich grundsätzlich bereit, im Falle einer Laufzeitverlängerung von zehn bis 15 Jahren mit der Politik Gespräche über die Verwendung der Gewinne zu führen.

Union im Entlastungsrausch

Bei der Arbeitslosenversicherung ist sich die Fraktion laut Kauder einig, ein Senken der Beiträge von derzeit 3,3 Prozent auf 2,8 Prozent zum ersten Januar erreichen zu wollen. Die Kanzlerin machte sich die Forderung der Unions-Abgeordneten nicht ausdrücklich zu eigen, will aber in der Koalition darüber sprechen. Die CDU-Chefin sprach von einem "ambitionierten Vorschlag". Bisher war in der Koalition von einer Senkung auf drei Prozent gesprochen worden. BA-Vorsitzender Weise sagte, rechnerisch möglich sei eine Senkung auf drei Prozent, mahnte aber zur Vorsicht: "Angesichts der unsicheren Wirtschaftslage würde ich nicht dazu raten, auf 2,8 Prozent zu gehen."

Kauder sagte dagegen, die BA sei keine Sparkasse. "Wenn die Beiträge nicht gebraucht werden, sind sie zurückzuzahlen." Gerade durch geringere Spielräume könne verhindert werden, dass mit immer neuen Forderungen des Einsatzes arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen das Geld der Versicherten verschwendet werde. Merkel habe dies vor der Fraktion ebenfalls unterstützt. Sie müsse nun aber Gespräche mit dem Koalitionspartner SPD führen.

SPD will sich nicht unter Druck setzen lassen

Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) reagierte zurückhaltend und wollte sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf eine Zahlendiskussion einlassen. "Wir haben in der Koalition ein klares Verfahren vereinbart", sagte sein Sprecher Stefan Giffeler. Im Herbst werde man im Lichte der vorliegenden Zahlen einen seriösen Vorschlag zur Senkung machen. "Senkungspotenzial sehen wir", fügte er hinzu. In der SPD war zuvor über eine einseitige Entlastung der Arbeitnehmer nachgedacht worden. Die Union will mit der Senkung der Beiträge Unternehmen und Arbeitnehmer entlasten, weil die Beiträge auch von beiden getragen werden.

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte, die Finanzierung der 2,8 Prozent stehe auf "soliden Füßen". Nach bewusst in Erwartung einer eher mäßigen wirtschaftlichen Entwicklung gemachten Berechnung verringere die Senkung die bestehenden Reserven der BA in den kommenden vier Jahren um lediglich eine Milliarde Euro. Damit blieben der BA weiter ausreichende Rücklagen.

CSU-Chef Erwin Huber nannte den Beschluss zur Arbeitslosenversicherung einen Erfolg seiner Partei innerhalb der Union. "Wir haben uns da durchgesetzt." Die Senkung des Arbeitslosenbeitrags würde eine Entlastung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer um zusammen gut vier Milliarden Euro bedeuten. Auch beim Ziel, das Kindergeld um zehn Euro zu erhöhen und den Kinderfreibetrag auf 200 Euro zu erhöhen, sei die CDU der CSU gefolgt.

SPD bleibt beim Ausstieg

Der designierte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sieht keinen Grund, am Ausstieg aus der Atomenergie zu rütteln. Der Ausstieg sei vertraglich vereinbart worden, sagte der Außenminister am Rande einer Botschafterkonferenz in Berlin mit Hinweis auf die Abmachung mit der Industrie und die Vereinbarung im Koalitionsvertrag. "Wir haben die Chance, wenn wir unsere Möglichkeiten nutzen, die Energieversorgung dauerhaft zu sichern." Dies sei mit dem breiten Energie-Mix, der in Deutschland zu Verfügung stehe, möglich. Dazu gehörten der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie Anstrengungen für eine höhere Energieeffizienz. "Im übrigen bleibt es bei dem breiten Mix, aber auch beim Ausstieg aus der Kernenergie", betonte Steinmeier.

Energiesparbirne bringt mehr

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace bezeichnete längere Laufzeiten als "Wahlkampfbluff". Die Rechnung der Union, dass die Verbraucher damit Geld sparen können, gehe nicht auf. Laut Berechnungen des Öko-Institutes betrage die Entlastung für den einzelnen Haushalt durch Laufzeitverlängerungen monatlich weniger als 50 Cent. Allein mit dem Ersatz einer einzigen Glühbirne durch eine Energiesparlampe könne monatlich doppelt soviel eingespart werden.

Quelle: ntv.de

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