Politik

Jobcenter bleiben erhalten Union lässt Reform platzen

Die Union im Bundestag hat die Neuordnung der Hartz-IV-Jobcenter gegen Bedenken in den eigenen Reihen platzen lassen. Die Fraktion habe sich "mit überwältigender Mehrheit" gegen eine Grundgesetzänderung für die gemeinsame Verwaltung durch Kommunen und Arbeitsagenturen entschieden, sagte Fraktionschef Volker Kauder. Auch CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel habe "mit der Mehrheit der Fraktion gestimmt". Arbeitsminister Olaf Scholz sprach von einem "kollektiven Nervenzusammenbruch" der Unionsfraktion. Indirekt nahm er auch Merkel in die Verantwortung.

Für die rund 6,65 Millionen Hartz-IV-Bezieher ändert sich mit dem Scheitern der Reform vorerst nichts. "Die Arbeitslosen werden in diesem und im nächsten Jahr so weiter betreut wie jetzt", sagte Scholz. Erst ab 2011 müssen Kommunen und Arbeitsagenturen nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ihre Aufgaben wieder strikter trennen und die Jobcenter damit auflösen. Ein Kompromiss, den Scholz mit den Bundesländern ausgehandelt hatte, sollte dies durch eine Grundgesetzänderung verhindern.

Niederlage für Rüttgers

"Die CDU-Ministerpräsidenten sind desavouiert", sagte Scholz. "Die Kanzlerin hat ihnen nicht geholfen, sich durchzusetzen." Der Verhandlungsführer der unionsregierten Länder, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, hatte im Auftrag Merkels den Kompromiss mit Scholz ausgearbeitet und intern mehrfach auf eine Zustimmung der Fraktion gedrungen.

In der Fraktion gab es nach Angaben von Kauder "etwas mehr als 20 Nein-Stimmen" gegen die Linie der Fraktionsführung. Die Ablehnung des Kompromissvorschlages begründete Kauder unter anderem damit, dass sonst neue Behörden aufgebaut und der Einfluss der Kommunen geschwächt würden. "Dieses ist kein Modell für uns", sagte Kauder. Der Städtetag sowie der Städte- und Gemeindebund hatten allerdings vor einem Scheitern gewarnt.

Verfassungsgericht fordert Reform

Bei dem Streit geht es um die Reform der Jobcenter, in denen Arbeitsagenturen und Kommunen zusammenarbeiten. Diese Mischverwaltung hatte das Bundesverfassungsgericht als grundgesetzwidrig beanstandet und bis Ende 2010 eine Neuregelung gefordert. SPD-Fraktionschef Peter Struck warf der Unions-Fraktion einen "Beschluss gegen die Arbeitslosen" vor.

NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann bedauerte das Abrücken seiner Parteifreunde vom Konzept der "Hilfe aus einer Hand" und der Ablehnung einer Grundgesetzänderung. "Das halte ich für einen schweren Fehler", sagte er dem Sender RTL. Es drohe eine "arbeitsmarktpolitische Katastrophe". Über die Frage hatte es am Montag auch heftigen Streit im CDU-Präsidium gegeben.

SPD kritisiert Merkel

Scholz sagte, die Unions-Fraktion habe sich "bockig gestellt". Die Tür für eine Verfassungsänderung sei zugeschlagen. "In dieser Legislaturperiode geht das nicht mehr." Um die Arbeitsfähigkeit der gemeinsamen Jobcenter von Kommunen und Arbeitsagenturen bis Ende 2010 zu gewährleisten, kündigte Scholz an, dass die in 56 Jobcentern in diesem Jahr auslaufenden Kooperationsverträge um ein Jahr verlängert würden.

SPD-Vizeparteichefin Andrea Nahles machte Merkel für das Scheitern verantwortlich. Scholz habe die von ihr geforderte Konsenslösung geliefert, sagte Nahles: "Aber nicht einmal in einer so zentralen Sache kann sie sich in der Unionsfraktion durchsetzen." SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte: "Das ist ein Beschluss gegen die Arbeitslosen und gegen die Städte und Gemeinden."

Der BA-Vorstand will sich bei einem Krisentreffen am Mittwoch mit Scholz für eine Beschäftigungsgarantie für alle Mitarbeiter in der Grundsicherung einsetzen. Die BA-Spitze befürchtet, dass Mitarbeiter angesichts der Ungewissheit aus den Jobcentern abwandern.

Quelle: ntv.de

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