Zuwanderungsgesetz Union reicht Klage ein
15.07.2002, 11:27 UhrDie unionsregierten Bundesländer haben beim Bundesverfassungsgericht ihre Klage gegen das Zuwanderungsgesetz der Bundesregierung eingereicht. Das Gericht wollte sich nicht dazu äußern, ob es seine Entscheidung in der Sache noch vor der Bundestagswahl am 22. September fällen wird. Die Union hatte die Klage nach der Unterzeichnung des Gesetzes durch Bundespräsident Johannes Rau angekündigt.
Nach Auskunft der saarländischen Staatskanzlei ist es Ziel des Antrages in Karlsruhe, "das Gesetz wegen seiner förmlichen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz für nichtig zu erklären". Aus Sicht der klagenden Länder sei das Zuwanderungsgesetz "auf Grund der uneinheitlichen Stimmabgabe Brandenburgs im Bundesrat nicht zu Stande gekommen". Klagen werden das Saarland, Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen. Die Staatsrechtler Josef Isensee und Christian Strack hatten den entsprechenden Antrag verfasst, sie sind nun auch die Prozessbevollmächtigten der Länder.
Entgegen ihrer ursprünglichen Absicht will sich die Unions-Fraktion im Bundestag der Klage nicht anschließen, um den Prozess nicht zu verzögern. In erster Linie sei der Bundesrat betroffen, erklärte ein Fraktionssprecher. Die Unions-Fraktion habe auch im Rahmen einer Anhörung des Bundestags Gelegenheit, ihre Position darzulegen.
"Spiel mit Fremdenangst"
SPD-Generalsekretär Franz Müntefering hat die Union wegen der Klage scharf kritisiert. Der Umgang von CDU und CSU mit dem Zuwanderungsgesetz sei unverantwortlich, erklärte Müntefering. Die Union spiele ungeniert mit der Fremdenangst, wenn sie, wie ihr Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU), von bis zu 600.000 Zuwanderern jährlich rede. Das Zuwanderungsgesetz regele und steuere die Arbeitsmigration nachdrücklich. Grünen-Fraktionschefin Kerstin Müller sagte, die Klage sei "ein weiterer Akt im Empörungstheater der Union".
Kritik an der Union kam auch aus den eigenen Reihen: Die ehemalige Bundestagspräsidentin und Vorsitzende der unabhängigen Zuwanderungskommission, Rita Süßmuth (CDU), sagte, Deutschland werde in Zukunft mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland brauchen - ob es der CDU gefalle oder nicht. Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, werde man um eine kontrollierte Einwanderung auf den Arbeitsmarkt nicht herum kommen.
Bundespräsident Johannes Rau hatte das umstrittene rot-grüne Zuwanderungsgesetz am 20. Juni unterzeichnet. Das Gesetz kann damit eigentlich am 1. Januar 2003 in Kraft treten. Es soll die Zuwanderung neu regeln und steuern.
Die rechtlich höchst umstrittene Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes hatte am 22. März zu einem bisher einmaligen Eklat im Bundesrat geführt. Ausschlaggebend war ein so genanntes geteiltes Votum des Landes Brandenburg, das Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) als Zustimmung wertete: Er berief sich dabei auf Artikel 51 des Grundgesetzes, nach dem ein Land nur einheitlich abstimmen kann - und erkannte das Ja von Stolpe als maßgeblich an. Aus zeitlichen Gründen ist es eher unwahrscheinlich, dass Karlsruhe noch vor der Bundestagswahl über die Klage der Union entscheidet.
Quelle: ntv.de