Politik

Krach in der Kammer Union sieht Verfassungskrise

Die Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz hat im Bundesrat zu einem historisch einmaligen Eklat geführt. Der amtierende Bundesratspräsident, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), wertete ein gespaltenes Votum Brandenburgs als Zustimmung des Bundeslandes.

Während der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) mit Nein votiert hatte, stimmte Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) für das Gesetz. Ein Bundesland kann in der Länderkammer jedoch nur einheitlich abstimmen. Wowereit richtete sich nach dem "Ja" von Stolpe. Damit passierte das Zuwanderungsgesetz den Bundesrat mit einer Stimme Mehrheit.

Darauf kam es in der Länderkammer zu heftigen Tumulten. Die Ministerpräsidenten der Unions-geführten Länder warfen Wowereit Verfassungsbruch vor und sprachen von einer schweren Verfassungskrise. Der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel beschuldigte die Union im Gegenzug, einen "kalkulierten Ausbruch" inszeniert zu haben.

Unions-Vertreter verlassen Länderkammer

Die Forderung der Union nach einer Korrektur des Abstimmungsergebnisses wies Wowereit zurück. Daraufhin verlangten die Unions-geführten Länder eine Vertagung der Bundesratssitzung. Als auch dieser Antrag von der Mehrheit abgelehnt wurde, verließen die Unions-geführten Länder den Saal.

Streit um gesplittetes Votum

Das Verfahren zur Stimmabgabe der einzelnen Bundesländer ist in Artikel 51 des Grundgesetzes geregelt. In diesem Artikel heißt es unter Absatz drei: "Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich (...) abgegeben werden."

Aus diesem Artikel folgern die Unions-Ministerpräsidenten, dass Brandenburgs gespaltenes Votum nicht hätte gewertet werden dürfen. Nach der Rechtsauffassung der SPD-geführten Länder liegt die Entscheidung über das Abstimmungsverhalten im Zweifel beim Ministerpräsidenten. Auch unter Verfassungsexperten ist diese Frage umstritten.

CDU schiebt Rau den Schwarzen Peter zu

Das Bundesverfassungsgericht wollen die unionsregierten Länder vorerst nicht anrufen. CDU-Chefin Angela Merkel sagte, sie hoffe, dass Bundespräsident Johannes Rau das Gesetz nicht unterzeichnen werde. Sollte er dies doch tun, "werden wir die Dinge in Karlsruhe klären lassen müssen". Dagegen sagte Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), der Bundesrat habe das Gesetz verfassungsgemäß angenommen. Rau könne das Gesetz guten Gewissens unterschreiben und in Kraft treten lassen.

Bundeskanzler Gerhard Schröder wies den Vorwurf des Verfassungsbruchs als "absurd" zurück. "Das Verfahren war in Ordnung", sagte er am Abend in Berlin. Er rechne damit, dass der Bundespräsident das Gesetz unterzeichnen werde.

Quelle: ntv.de

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