Politik

Richter erwartet Ende des Eheprivilegs Unionspolitiker trotzen Justiz

Horst Seehofer: "Die CSU wird immer dafür eintreten, dass Ehe und Familie besonders gefördert werden."

Horst Seehofer: "Die CSU wird immer dafür eintreten, dass Ehe und Familie besonders gefördert werden."

(Foto: picture alliance / dpa)

Eine Gerichtsentscheidung nach der anderen löst das Privileg der Ehe zusehends auf. Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts glaubt, dass die Gleichstellung mit der homosexuellen Partnerschaft nur noch eine Frage der Zeit ist. Teile der Union beharren trotzdem auf das Althergebrachte.

Teile der Führungsspitze der Union kämpfen vehement dafür, die Ehe im Vergleich zu homosexuellen Partnerschaften weiterhin besserzustellen - und verrennen sich damit. Davon sind zumindest Verfassungsrechtler überzeugt.

Ein früherer Präsident des Bundesverfassungsgerichts sagt: "Die Privilegierung der Ehe im Verhältnis zur eingetragenen Lebenspartnerschaft ist rechtlich nicht mehr zu halten."

Ein früherer Präsident des Bundesverfassungsgerichts sagt: "Die Privilegierung der Ehe im Verhältnis zur eingetragenen Lebenspartnerschaft ist rechtlich nicht mehr zu halten."

(Foto: REUTERS)

"Die Privilegierung der Ehe im Verhältnis zur eingetragenen Lebenspartnerschaft ist rechtlich nicht mehr zu halten", sagte der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, der "Bild"-Zeitung. "Der Gesetzgeber hat nach geltendem Verfassungsrecht bei der Gleichstellung keine Wahl mehr."

Durch die Einführung der eingetragenen Partnerschaft im Jahre 2001 und die Billigung durch das Bundesverfassungsgericht im Jahre 2002 seien "die Würfel gefallen", sagte der Verfassungsrechtler. Die Unterscheidung nach der sexuellen Orientierung sei grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig. Papier untermauerte seine Argumentation in dem Blatt zudem mit dem Verweis auf gleichlautende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Auch der amtierende Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, teilt diese Auffassung. Die Grundsätze des Verfassungsgerichts in dieser Frage seien schon länger bekannt, sagte er. "Und aus solchen Grundsätzen folgen gewisse Konsequenzen."

CSU bleibt bei ihrer Linie

Doch Justiz hin oder her – manch einer in der Union zeigt sich von dem drohenden Aus für die privilegierte Ehe vor dem Verfassungsgericht unbeeindruckt. CSU-Chef Horst Seehofer sagte der "Süddeutschen Zeitung", seine Partei bleibe bei ihrer Linie, "wie auch immer die Richter entscheiden". Er fügte hinzu: "Die CSU wird immer dafür eintreten, dass Ehe und Familie besonders gefördert werden." Zur Schwesterpartei sagte Seehofer: "Wir hatten bisher gemeinschaftlich mit der CDU eine ganz klare Verfahrensregel, dass wir zu den strittigen Themen Verfassungsgerichtsurteile abwarten. Ich denke, wir sind gut beraten, diesen Weg weiterhin einzuhalten."

Ähnlich äußerte sich CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Die CDU habe "auf ihrem letzten Parteitag nach intensiver Diskussion den Beschluss gefasst, an der besonderen steuerlichen Förderung der Ehe festzuhalten - dieser Beschluss gilt".

Auch der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), verwies laut der "Rheinischen Post" auf den "klaren Parteitagsbeschluss zum Thema Ehegattensplitting". Mit Blick auf den Bundestagswahlkampf fügte er hinzu: "Die Union muss gegenüber der politischen Konkurrenz immer die klare politische Alternative sein, nicht nur eine Variante anderer Parteien."

Kurswechsel steht bevor

In der Union schwelt seit Tagen ein Streit über das Verhältnis von Ehe und gleichgeschlechtlicher Partnerschaft. In der Vergangenheit galt die Union als Garant für das Privileg der Ehe. Zuletzt zeigten sich aber immer mehr Unionspolitiker offen, die besondere Stellung aufzugeben. Dem "Spiegel" zufolge laufen in der Union derzeit konkrete Planungen für einen Kurswechsel in ihrer Familienpolitik.

Anstoß für die Debatte in der Union gab eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das jüngst die Rechte homosexueller Paare zur Adoption von Kindern ausgeweitet hat: Laut Urteil dürfen Schwule und Lesben, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, auch ein von ihrem Partner zuvor angenommenes Kind adoptieren. Ein weiteres Urteil zu eingetragenen Lebenspartnerschaften steht noch aus. Dabei geht es um die Klage zum Ehegattensplitting, das Eheleuten steuerliche Vorteile gewährt, Schwulen und Lesben in einer eingetragenen Partnerschaft aber nicht.

Quelle: ntv.de, ieh/dpa/AFP

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