Von der Leyen rüttelt auf Unionsstreit zu Familienpolitik
17.02.2007, 16:10 UhrIm familienpolitischen Streit der Union wächst die Unterstützung für Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Unter anderen gaben ihr CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla und Hessens CDU-Ministerpräsident Roland Koch Rückendeckung. Andere Unionspolitiker warnten weiter vor der Aufgabe des bisherigen Familienbilds der Union und dem Verlust konservativer Wähler. Unterdessen dringt SPD-Generalsekretär Hubertus Heil darauf, dass die große Koalition noch in diesem Jahr eine Vereinbarung über den Krippen-Ausbau trifft.
Von der Leyen will die Zahl der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren bis 2013 auf rund 750.000 verdreifachen. Dann könnten bundesweit etwa 35 Prozent dieser Kinder in Kitas oder von Tagesmüttern betreut werden. Die Zusatzkosten beziffert sie auf jährlich drei Milliarden Euro. Zudem will sie das steuerliche Ehegattensplitting - bei dem derzeit nur die Ehe unabhängig von der Existenz von Kindern gefördert wird - durch eine Familienkomponente ergänzen.
Pofalla unterstützte die Ministerin in der "Welt am Sonntag": "Nur mit mehr Kinderbetreuungsplätzen schaffen wir auch wirkliche Wahlfreiheit" für Eltern zwischen Berufstätigkeit trotz Kindern und Kindererziehung zu Hause. Die Union werde gestärkt aus der Debatte hervorgehen. "Erstmals seit Jahren trauen uns die Wähler in der Familienpolitik wieder mehr zu als der SPD."
Koch warnte von der Leyens Kritiker davor, die Lebensmodelle von berufstätigen und nicht berufstätigen Eltern gegeneinander auszuspielen. "Die CDU muss es schaffen, emotionsfrei Gleichberechtigung in der Wertigkeit dieser beiden Optionen zu schaffen." Der Weg der Ministerin sei "die einzige Chance, die Identität der Union als einer Partei zu wahren, die den im besten Sinne konservativen Wert der Familie hochhält".
Hessens CDU-Sozialministerin Silke Lautenschläger sagte der dpa, Ziel sei es, Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten. Die ehemalige Bundestagspräsidentin und Familienministerin Rita Süssmuth (CDU) forderte alle Frauen in einem dpa-Gespräch auf, sich "viel geschlossener ... hinter die entsprechenden Initiativen" zu stellen. Der nordrhein-westfälische CDU-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann nannte ein vergrößertes Betreuungsangebot in der "Neuen Westfälischen" richtig. 63 Prozent der jungen Mütter seien berufstätig. Ähnlich äußerte sich der CDU-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, Friedbert Pflüger.
Bayerns designierter Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) äußerte sich im Berliner "Tagesspiegel am Sonntag" differenzierter. Der Ausbau von Einrichtungen zur Kinderbetreuung sei "richtig und notwendig". Es dürfe aber nicht nur darum gehen, "Kinder möglichst schnell nach der Geburt einer sozialen Einrichtung anzuvertrauen". Eltern, die zur Kindererziehung zu Hause blieben, seien "zu hundert Prozent zu unterstützen". Auch der familienpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Johannes Singhammer (CSU), mahnte im RBB- Inforadio an, "dass kein Modell der Kinderbetreuung bevorzugt wird".
Nordrhein-Westfalens Familienminister Armin Laschet (CDU) will die Betreuungsangebote zwar ebenfalls ausbauen. In der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" warnte er die Koalition aber davor, hinter die Zeit zu fallen, in der die Erziehungsarbeit als gleichwertige Arbeit mit eigenem Rentenanspruch anerkannt worden sei.
Von der Leyens Kritiker wandten sich besonders gegen ihre Pläne, bei einem künftigen Familiensplitting Kinder unehelicher Paare mit Kindern von Verheirateten gleichzustellen. Baden-Württembergs CDU- Fraktionsvorsitzender Stefan Mappus sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", die Familie baue auf der Ehe auf. "Ich möchte nicht, dass wir uns von diesem Grundwert entfernen." Singhammer verlangte, das Familiensplitting müsse "an die Ehe gebunden bleiben, weil sonst das Leitbild von Ehe und Familie gefährdet ist".
SPD-Generalsekretär Heil erneuerte seine Forderung an von der Leyen, ein Finanzierungskonzept vorzulegen. "Wir wollen, dass die Koalition in diesem Jahr ein Ergebnis vorlegt", sagte er der "Berliner Zeitung". SPD-Chef Kurt Beck kündigte in Bremen für März ein eigenes Finanz-Konzept der Sozialdemokraten an.
Quelle: ntv.de