Zahlreiche Tote und Verletzte Unruhen in Nordafrika eskalieren
09.01.2011, 17:00 UhrDie Proteste verschärfen sich weiter: Bei Ausschreitungen in Tunesien und Algerien kommen zahlreiche Menschen ums Leben, hunderte werden verletzt. Auch von mehreren Selbstverbrennungen wird berichtet. Die Unruhen richten sich gegen Perspektivlosigkeit und gestiegene Lebenshaltungskosten.

In Algerien kündigte die Regierung inzwischen eine Senkung der Lebensmittelkosten an, um die Lage zu entschärfen.
(Foto: REUTERS)
In Tunesien und Algerien haben sich die sozialen Unruhen weiter verschärft. Nach Angaben eines Oppositionspolitikers wurden in zwei Orten im Zentrum Tunesiens seit Samstag mindestens 20 Menschen getötet. Das tunesische Innenministerium spricht von acht Toten. Während die Proteste in Tunesien sich vor allem gegen die hohe Arbeitslosigkeit richten, waren im benachbarten Algerien hohe Lebensmittelpreise der Auslöser. Dort kamen nach einer ersten offiziellen Bilanz bislang drei Menschen ums Leben und etwa 400 wurden verletzt.
"Man hat sogar auf Leichenzüge geschossen", sagte Ahmed Nejib Chebbi von der tunesischen Oppositionspartei PDP. Die Regierung in Tunis bestätigte lediglich zwei Tote in Tala und betonte, dass die Polizei zur Selbstverteidigung geschossen habe. In Tala war es zuvor zu heftigen Ausschreitungen gekommen, mehrere Gebäude wurden verwüstet. Nach Augenzeugenberichten war erstmals auch die Armee im Einsatz, um die Unruhen einzudämmen. Dafür gab es bislang keine Bestätigung. Menschenrechtsorganisationen werfen der tunesischen Regierung Zensur und hartes Vorgehen gegen Journalisten vor.
Jugendliche zünden sich an
Inzwischen wurden drei weitere Fälle öffentlicher Selbstverbrennungen in Tunesien bekannt. Ein 17 Jahre alter Schüler aus Ariana in der Nähe von Tunis sei an seinen Verletzungen gestorben, sagte ein Vertreter der Lehrergewerkschaft. Er habe einen Schülerprotest organisiert und sei vom Direktor in dessen Büro zitiert worden. Dort habe er sich mit einem Lösungsmittel übergossen und angezündet.
In Kasserine habe sich ebenfalls ein 17 Jahre alter Jugendlicher ohne Arbeit mit Benzin übergossen und in Flammen gesetzt. Passanten retteten ihn jedoch. In Sidi Bouzid, wo die Selbstverbrennung eines arbeitslosen Hochschulabsolventen Mitte Dezember zum Auslöser der Unruhen wurde, steckte sich ein 50-jähriger in Brand. Er erlitt nur leichte Verletzungen.
In Paris verübten Unbekannte am frühen Sonntagmorgen einen Anschlag auf ein Gebäude des tunesischen Konsulats in Paris. Dabei wurde lediglich ein Metalltor zerstört, Verletzte gab es nicht. Der Botschafter sprach von einem terroristischen Akt.
Wasserwerfer und Tränengas in Algerien
Unterdessen kündigte die Regierung in Algerien massive Preissenkungen für Lebensmittel an. Die gestiegenen Preise für Grundnahrungsmittel wie Zucker und Speiseöl waren Auslöser der Unruhen, die sich in zahlreichen Orten des Landes ausgebreitet haben.
Es kam dennoch erneut zu Ausschreitungen im algerischen Küstenort Bouira. Demonstranten griffen unter anderem eine Polizeiwache an. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein. In Tizi Ouzou im Osten des Landes verwüsteten Demonstranten mehrere Gebäude von Banken und Versicherungen.
Quelle: ntv.de, dpa