NPD-Mann will auspacken V-Mann-Einsatz als Kino-Hit?
08.02.2002, 08:20 UhrDie V-Mann-Tätigkeit des im NPD-Verbotsverfahren enttarnten NPD-Funktionärs Wolfgang Frenz könnte bald die Kino-Kassen klingeln lassen. Wie das nordrhein-westfälische Innenministerium bestätigte, hat Frenz in einem Brief an den Leiter des Düsseldorfer Verfassungsschutzes gedroht, ein Drehbuch zu seiner 33-jährigen Agententätigkeit zu verfassen. Es gebe bereits jetzt eine Reihe Interessenten für diese Erinnerungen, habe Frenz erklärt. Zudem habe der NPD-Mann "50.600 Euro als Kompensation wirtschaftlicher Schäden" durch seine Enttarnung gefordert, teilte das Ministerium mit.
Opposition lehnt Stellungnahme ab
Die Prozessbevollmächtigten von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat einigten sich am Freitag auf eine gemeinsame Stellungnahme zur Rolle von V-Leuten im NPD-Verbotsverfahren. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine solche Stellungnahme bis spätestens Montag gefordert. Nachdem die Fraktionen von Union, FDP und PDS erklärt haben, sie würden die Stellungnahme nicht mittragen, müssen SPD und Grüne die Erklärung nun jedoch allein verantworten.
Die Opposition begründete ihre Haltung unter anderem mit Informationsdefiziten. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) erklärte, CDU und CSU könnten den Schriftsatz nur zur Kenntnis nehmen, aber nicht unterstützen. Noch immer verfügten nur die Regierungen des Bundes und der Länder über die nötigen Informationen. Trotzdem sprach er sich gegen eine Rücknahme des Bundestags-Antrags aus: "Das wäre das falsche Signal", sagte Bosbach.
"Es wird nach wie vor nicht das geliefert, was dringend notwendig ist, das Verfahren nicht scheitern zu lassen", kritisierte FDP-Rechtsexperte Edzard Schmidt-Jortzig den Inhalt der für das Bundesverfassungsgericht verfassten Stellungnahme. Es gebe nun zwei Optionen: Entweder würden die Informationen über V-Leute bei der NPD lückenlos offen gelegt oder es werde ein neuer Verbotsantrag unter Verzicht auf die Verfassungsschutz-Informationen verfasst.
Die stellvertretende Fraktionschefin der PDS Petra Pau nannte die Stellungnahme in der jetzigen Form "inakzeptabel". "Der Entwurf ist lückenhaft, anmaßend und läuft auf einen Blanko-Scheck für den Bundesinnenminister und die Geheimdienste hinaus", sagte Pau.
Einzelheiten der Stellungnahme
Die "Frankfurter Rundschau" und die "Leipziger Volkszeitung" berichten in ihren Samstagsausgaben über Details aus der Stellungnahme für die Karlsruher Richter. Demnach würden die Aussagen von V-Leuten weiterhin als taugliche Beweismittel gewertet. Die Aufgabe von Verbindungsleuten beschränke sich auf die Informationsbeschaffung. Es habe nie eine "steuernde Einflussnahme" auf die NPD gegeben, zitieren die Blätter aus der Erklärung.
Die Antragssteller versuchten damit den Vorwurf zu entkräften, V-Leute hätten als "agents provocateurs" die NPD überhaupt erst zu verfassungsfeindlichen Äußerungen veranlasst. In dem 39-seitigen Schriftsatz würden weiterhin Äußerungen von Frenz ähnlichen Zitaten des NPD-Anwalts Horst Mahler gegenübergestellt, schreibt die "Leipziger Volkszeitung". Der Vergleich solle zeigen, dass sich die Ausführungen von Frenz nicht von der auch sonst antisemitischen, rassistischen und demokratiefeindlichen Linie der NPD unterschieden.
Rot-Grün will auch allein vorgehen
Politiker von SPD und Grünen machten deutlich, die Koalition werde auch ohne die Unterstützung der Opposition am NPD-Verbotsantrag festhalten. Grünen-Innenexperte Cem Özdemir erklärte, das vorliegende Material gegen die NPD reiche "dicke aus". SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte, die Informationen der V-Leute hätten "allenfalls ergänzenden Charakter".
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat die von der Opposition geforderte Sondersitzung des Innenausschusses zur V-Mann-Affäre verweigert. "Es besteht kein zwingender Beratungs- und Entscheidungsbedarf", heißt es in einem Schreiben Thierses an die Fraktionen von Union, FDP, und PDS, die für den 14. Februar eine außerordentliche Tagung beantragt hatten.
Quelle: ntv.de