"Tele-Bürgermeister" VW bezahlt SPD-Politiker
28.12.2004, 09:48 UhrNicht nur die CDU-Spitzenpolitiker Laurenz Meyer und Hermann-Josef Arentz haben für mehr oder weniger (eher weniger) erbrachte Leistungen von deutschen Konzernen Gehälter und Sachwerte (in diesem Falle RWE-Strom) bezogen. Beide sind inzwischen von ihren Parteiämtern zurückgetreten. Gerüchte über eine Liste mit weiteren 40 Gehaltsempfängern waren von dem Stromversorger vehement zurückgewiesen worden.
Doch es war zu befürchten, dass die Affäre um Meyer und Arentz nur die Spitze des Eisberges ist. Am Dienstag berichtete nun die "Bild"-Zeitung über einen neuen Fall. Diesmal trifft es die SPD.
Danach erhält der niedersächsische SPD-Landtagsabgeordnete und Wolfsburger Bürgermeister Ingolf Viereck neben seinen Diäten seit mehr als zehn Jahren regelmäßige Gehaltszahlungen von Volkswagen. Welche Arbeitsleistungen der Politiker dafür erbringe, ist nach Angaben der Zeitung unklar. Viereck sei nicht mehr auf der Telefonliste des Konzerns verzeichnet und habe dort auch keinen eingerichteten Arbeitsplatz.
Aus Konzernkreisen verlautete, Viereck erhalte rund 3.000 Euro monatlich. Außerdem stelle ihm VW auch einen Golf als Dienstwagen zur Verfügung.
Der SPD-Politiker räumte die Gehaltszahlungen ein. Diese seien jedoch "deutlich reduziert". Für das Geld arbeite er auch, betonte Viereck: "Ich habe zwar bei VW keinen Schreibtisch, keine Telefonnummer. Ich arbeite von zu Hause aus. Ich habe einen Tele-Arbeitsplatz." Auskünfte zur Art seiner Tätigkeit habe der Abgeordnete nicht geben wollen. "Für mich ist die VW-Abteilung Regierungsbeziehungen zuständig. VW unterstützt gesellschaftliches Engagement seiner Mitarbeiter."
Auch VW wollte keine Angaben machen, welche Tätigkeiten der 42-Jährige für den Autokonzern ausübt. "Zu Details von Mitarbeiter-Verträgen dürfen wir uns grundsätzlich nicht äußern", so ein Sprecher. "VW zahlt grundsätzlich nur für eine Leistung, das gilt selbstverständlich auch für Herrn Viereck. Diese Leistung hat nichts mit seiner Abgeordneten-Tätigkeit zu tun." Die Nachrichtenagentur dpa berichtete, Viereck berate das Unternehmen auf lokaler Ebene bei der Sportförderung.
Viereck war von 1990 bis zu seiner Wahl in den Landtag 1994 hauptberuflich als kaufmännischer Angestellter in dem Automobilkonzern beschäftigt.
Laut neuester Forsa-Umfrage für "Stern" und RTL hat die Gehaltsaffäre um ihren Generalsekretär Meyer die Union in der Wählergunst um zwei Prozentpunkte fallen lassen. In der wöchentlichen Umfrage kommt die Union auf 38 Prozent (Vorwoche: 40 Prozent). Die SPD konnte um einen Punkt auf 34 Prozent zulegen.
Das könnte in der kommenden Woche aber wieder ganz anders aussehen ?
Quelle: ntv.de