Weitreichendes Papier zu EU-Schulden Van Rompuy setzt Duftmarke
26.06.2012, 18:37 Uhr
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Beim EU-Gipfel in Brüssel müssen Beschlüsse her, die die Eurozone vor dem Schuldenkollaps bewahren. EU-Ratspräsident van Rompuy hat dazu seine eigenen Vorstellungen. Unter anderem erwägt er, dass die 17 Länder künftig gemeinsame Schulden machen könnten - eine Idee, die Kanzlerin Merkel so gar nicht gefallen will.
Deutschland und die anderen 16 Mitglieder der Eurozone sollen auf Macht und Souveränitätsrechte verzichten, um die Krise der gemeinsamen Währung zu beenden. Das geht aus einem Papier von EU-Gipfelchef Herman van Rompuy an die EU-Staats- und Regierungschefs hervor, die sich am Donnerstag und Freitag in Brüssel treffen. Von deutscher Seite wurde der Vorstoß zurückhaltend aufgenommen.
So könnte es in einer gemeinschaftlichen Haushaltspolitik Obergrenzen für Schulden geben. Würde ein Euroland die Grenzen überschreiten, bräuchte es grünes Licht aus Brüssel. Auf mittlere Sicht könnte auch der Weg gemeinsamer Schulden eingeschlagen werden - dazu müsse es jedoch einen soliden Rahmen für Haushaltsdisziplin geben, heißt es in dem publik gewordenen Text. Eine Möglichkeit seien kurzfristige gemeinsame Anleihen. Gemeinsame Schulden lehnt Deutschland bisher ab.
Finanzminister verhandeln vorab
Außenamts-Staatsminister Michael Link sagte in Luxemburg am Rande von Beratungen der EU-Europaminister, Van Rompuys Papier sei keine Beschlussvorlage, sondern lese sich "streckenweise wie ein Wunschzettel". Link weiter: "Wir sind nicht überzeugt, dass der Weg von Vergemeinschaftung von Schulden (...) ein Weg aus der Krise ist", sagte der FDP-Politiker.
Auch Kanzlerin Angela Merkel soll Bedenken gegen das Papier von van Rompuy geäußert haben. In einer Sitzung der Unionsfraktion sagte Merkel nach Teilnehmerangaben, die Balance zwischen einem notwendigen stärkeren gemeinsamen Handeln und der Frage einer gemeinsamen Haftung sei nicht gewahrt. Das Papier sei so formuliert, dass es zu einer schnellen Vergemeinschaftung der Schulden kommen könne. Damit sei sie nicht zufrieden. Sie verwies erneut darauf, dass nicht einmal ein föderales Land wie Deutschland eine gesamtschuldnerische Haftung habe. Das Papier stelle aber die richtigen Fragen.
In Paris wurde kurzfristig ein Treffen der Finanzminister der vier größten Volkswirtschaften der Eurozone anberaumt. Neben Wolfgang Schäuble aus Deutschland sollen daran die Ressortchefs aus Frankreich, Spanien und Italien teilnehmen, kündigte Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici an. Vor allem Deutschland und Frankreich sind weiter uneins über die Ausrichtung der EU-Krisenpolitik.
Mehrheit für ESM und Fiskalpakt steht
Kurz vor dem EU-Gipfel wird die Luft für Spanien und Italien am Kapitalmarkt immer dünner. Nach dem Hilfsantrag Spaniens für seine Banken stufte die Ratingagentur Moody's zudem die Kreditwürdigkeit der Geldhäuser drastisch herab. Auch Zypern braucht Hilfe von den Euro-Partnern, die Höhe des Betrags ist aber weiter unklar.
In Berlin wurden letzte Weichen für die Ratifizierung von Fiskalpakt und Euro-Rettungsschirm ESM gestellt. Nach der grundsätzlichen Einigung der Regierung mit der Opposition im Bundestag und mit den Ländern namentlich zur Probe abgestimmt. Sowohl bei der Union als auch bei der SPD erzielte der Kompromiss eine breite Mehrheit. Der Bundesrat hat für 21.00 Uhr zu der Sondersitzung über ESM und Fiskalpakt geladen. Die nötige Zweidrittelmehrheit gilt in beiden Häusern als sicher.
Quelle: ntv.de, dpa