Aus Hartz IV wird Basisgeld Verband fürchtet "Tricksereien"
15.09.2010, 16:34 Uhr
Eigentlich heißt Hartz IV auch nicht Hartz IV.
(Foto: picture alliance / dpa)
Stütze, Sozialhilfe - das, was wir heute als Hartz IV kennen, hatte auch schon mal andere Namen. Offenbar plant Ministerin von der Leyen eine Neubenennung und dazu auch die Neuberechnung. Geringfügige Änderungen an der Berechnungsgrundlage könnten sich dabei für Empfänger drastisch auswirken.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor einer Änderung der Berechnungsgrundlage für Hartz IV gewarnt. Sollten die Hartz-IV-Sätze "durch statistische Tricksereien künstlich klein gerechnet werden", werde dies vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben, erklärte der Verband. Das Ministerium bestätigte, verschiedene Prüfvarianten in Auftrag gegeben zu haben.
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts müssen die Regelsätze für Langzeitarbeitslose bis Jahresende neu berechnet werden. Basis für die Berechnung ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts. Dafür werden alle fünf Jahre rund 60.000 Haushalte befragt. Die Auswertung der jüngsten Stichprobe aus dem Jahr 2008 soll in einigen Tagen vorliegen. Der Regelsatz für alleinstehende Erwachsene liegt derzeit bei 359 Euro.
Fünf entscheidende Prozent
Der Hartz-IV-Regelsatz orientierte sich bislang am Ausgabeverhalten der unteren 20 Prozent auf der Einkommensskala. Für Kritik sorgte nun, dass das Ministerium offenbar auch ein Modell prüfen lässt, das als Referenzgruppe nicht mehr die unteren 20 Prozent, sondern die unteren 15 Prozent der Einkommensskala heranzieht.
"Eine Berechnung der Regelsätze auf Grundlage der Ausgaben der ärmsten 15 Prozent aller Haushalte ist statistisch-methodisch höchst bedenklich", warnte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider. Nach Einschätzung des Verbandes wäre diese Referenzgruppe zu klein, um eine verlässliche Hochrechnung zu ermöglichen.
Verschiedene Berechnungen
Ein Ministeriumssprecher sagte in Berlin, beim Statistischen Bundesamt seien verschiedene Prüfrechnungen in Auftrag gegeben worden. Diese würden "nächste und übernächste Woche" mit dem Gesetz vorgestellt. Er verwies darauf, dass die bisherige Berechnungsgrundlage auf die EVS-Stichprobe von 2003 zurückgehe und damit auf Zahlen, die vor der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe erhoben wurden. Damals seien aus der Referenzgruppe der unteren Einkommen die Sozialhilfeempfänger herausgerechnet worden, nicht aber die Bezieher von Arbeitslosenhilfe. Da sich die Rechtslage geändert habe, müsse neu festgelegt werden, welche Einkommen aus der unteren Referenzgruppe herausgenommen würden.
Die Linke warf der Bundesregierung vor, sie habe die Zahlen der EVS-Auswertung 2008 längst vorliegen, gebe sie aber nicht an das Parlament weiter. Die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, Katja Kipping, warf von der Leyen "schamlose Trickserei" vor. Die Ministerin versuche, "den Regelsatz auf ein vorher bestimmtes Niveau herunter zu rechnen", kritisierte Kipping in Berlin.
Neuer Name für das Kind
Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" will von der Leyen den Begriff "Hartz IV" zudem durch die Bezeichnung "Basisgeld" ersetzen. Im Arbeitsministerium würden derzeit verschiedene Titel für die mit der anstehenden Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze fällige Gesetzesnovelle diskutiert. Ein Vorschlag lautet demnach: "Basissicherungsgesetz für Erwerbsfähige und ihre Familien". Von der Leyen habe zuletzt regelmäßig das Wort "Basisgeld" benutzt und den Begriff "Hartz IV" vermieden, so das Blatt.
Quelle: ntv.de, AFP