Zweite Tarifrunde im öffentlichen Dienst Verdi droht mit Winter-Streik
30.01.2010, 09:20 UhrKurz vor der zweiten Tarifrunde im öffentlichen Dienst ist ein Kompromiss nicht in Sicht. Der Deutsche Städtetages lehnt die Forderung der Gewerkschaften nach einem fünfprozentigen Lohnzuwachs als völlig unrealistisch ab, Verdi spricht von einer "Forderung nach Augenmaß".

Winter ohne Winterdienst? Das könnte unangenehm werden.
(Foto: dpa)
Einen Tag vor der zweiten Tarifrunde im öffentlichen Dienst sind die Fronten weiter verhärtet. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, lehnte die Forderung der Gewerkschaften nach einem fünfprozentigen Lohnzuwachs als völlig unrealistisch ab.
Er sehe bei den Verhandlungen allenfalls Spielraum beim Ausbau der leistungsorientierten Bezahlung, sagte Articus der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Tarifgespräche böten die Chance, Verwaltungen zu modernisieren und zukunftsfest zu gestalten, und die Bezahlung stärker an die Leistung zu koppeln. Derzeit sei dies nur für ein Prozent des Lohns möglich.
Angesichts des Milliardendefizits der kommunalen Haushalte seien die Gehaltsforderungen überzogen. Als Orientierungshilfe könne höchstens der Tarifabschluss der Länder vom vergangenen Jahr dienen, sagte Articus. Damals hatte der Tarifabschluss ein Volumen von 1,2 Prozent. Der Verbandschef äußerte trotzdem die Hoffnung auf einen zügigen Tarifabschluss ohne Streik. "Unter Warnstreiks hätten vor allem die Bürgerinnen und Bürger zu leiden", sagte er.
Bsirske droht mit Streik bei Winterdienst
Verdi-Chef Frank Bsirske will dagegen an der Forderung nach fünf Prozent mehr Lohn festhalten. Die Forderung der Gewerkschaften sei "eine Forderung nach Augenmaß", sagte Bsirske der "Passauer Neuen Presse". Es gehe immerhin um zwei Millionen Beschäftigte. Eine Lohnerhöhung bedeute daher "einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Erholung".
Sollten die Arbeitgeber bei den Verhandlungen versuchen, "mit Nullnummern Schleifen zu drehen", würden die Beschäftigten nicht endlos zusehen, drohte Bsirske. Notfalls kämen auch Streiks in Betracht, etwa in Krankenhäusern, bei Winterdienst und Müllabfuhr oder im öffentlichen Nahverkehr und bei den Stadtwerken. Um die Mehrausgaben für steigende Gehälter bezahlen zu können, plädierte der Verdi-Chef für eine stärkere Besteuerung von Erbschaften und Vermögen. "Die stärksten Schultern müssen künftig stärker belastet werden."
In der aktuellen Tarifrunde, die am Sonntag in Potsdam beginnt, wird über die Gehälter der 1,3 Millionen Angestellten des öffentlichen Dienstes verhandelt. Eine erste Runde war Mitte Januar ergebnislos vertagt worden. Der Tarifvertrag für die Angestellten des Bundes und der Kommunen war Ende 2009 ausgelaufen. Er war vor zwei Jahren erst nach der Ankündigung von Streiks und nach einem zunächst gescheiterten Schlichtungsverfahren zustande gekommen.
Schlichter schon benannt
Für den Fall eines Scheiterns der Tarifgespräche sollen nach Informationen der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" Hannovers früherer Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg und der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt als Schlichter antreten. Die Zeitung beruft sich auf die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Der SPD-Politiker Schmalstieg sei von den Gewerkschaften benannt worden, der CDU-Politiker Milbradt auf Vorschlag des Bundes von den Arbeitgebern.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa