Politik

Überhöhte Neuverschuldung Verfahren gegen Deutschland

Als zweitem Land nach Portugal hat die EU-Kommission gegen Deutschland ein Strafverfahren wegen überhöhter Neuverschuldung eröffnet. Der entsprechende Beschluss der Kommission fiel einstimmig. Die Bundesregierung akzeptierte das Verfahren.

Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sprach von einem "traurigen Tag" für Deutschland. EU-Währungskommissar Pedro Solbes erläuterte in Straßburg, falls das Sanierungsprogramm des rot-grünen Koalitionsvertrages vollständig umgesetzt werde, könnte Berlin im kommenden Jahr aber wieder deutlich unter die Defizitmarke von drei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) kommen.

Für Frankreich verabschiedete die Kommission eine Defizit-Frühwarnung, den so genannten Blauen Brief. Auch diese Entscheidung fiel einstimmig.

"Die Lage erinnert an Deutschland und Portugal zu Beginn des Jahres, als wir das Frühwarnsystem gestartet haben", sagte Solbes. Frankreich erreicht laut Vorhersage der EU-Behörde 2,7 Prozent Defizit in diesem Jahr und 2,9 Prozent im nächsten Jahr - knapp unter unter dem im Stabilitätspakt verankerten Grenzwert von drei Prozent.

Nach einem Bericht der konservativen französische Tageszeitung "Le Figaro" will die Pariser Regierung ihre Defizitprognose für 2002 weiter anheben und werde damit fast an das Neuverschuldungslimit im Stabilitätspakt von 3,0 Prozent herankommen.

Bund mahnt Bundesländer

Die Bundesregierung habe ihre Hausaufgaben gemacht und für das kommende Jahr die Planungen so angelegt, dass die Defizitgrenzen eingehalten würden, bekräftigte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums in Berlin. Gleiches hoffe man von den Bundesländern, die einen Anteil von 55 Prozent am gesamtstaatlichen Defizit hätten.

Im laufenden Jahr erwartet Brüssel für Deutschland eine Neuverschuldung von 3,8 Prozent vom BIP. Bei dem Verfahren wegen Verletzung des Euro-Stabilitätspaktes drohen Berlin in letzter Konsequenz hohe Geldbußen von bis 0,5 Prozent vom BIP - das wären bis zu zehn Mrd. Euro. Solbes schränkte ein: "Sanktionen greifen aber nicht unmittelbar, sondern nur bei Nichteinhaltung der Zusagen, das Defizit wieder unter die drei Prozent zu führen."

Zu Deutschland sagte Solbes: "Das übermäßige Defizit beruht weder auf einem schweren wirtschaftlichen Abschwung noch auf außergewöhnlichen Ereignissen." Die Flutschäden in Ostdeutschland und in Bayern hätten sich beim Defizit nur geringfügig bemerkbar gemacht.

Das Defizitverfahren gegen Berlin und der "Blaue Brief" für Paris müssen im Dezember oder Januar von den EU-Finanzministern bestätigt werden. Die obersten Kassenhüter der Union hatten Anfang November das Defizitverfahren gegen Portugal bestätigt. Lissabon hatte 2001 ein Defizit von 4,1 Prozent erreicht.

Quelle: ntv.de

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