Politik

Familienreport 2009 Viele Alleinerziehende arm

Rund 40 Prozent der alleinerziehenden Eltern in Deutschland leben von Hartz IV. Dies seien etwa 660.000 Mütter oder Väter mit rund einer Million Kindern, sagte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Berlin bei der Vorstellung des Familienreports. Bei ihnen gebe es bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch erheblichen Handlungsbedarf.

Von der Leyen verwies dabei auf eine Befragung von Alleinerziehenden, die auf der Suche nach einem Arbeitsplatz sind. Dabei gaben 43 Prozent an, dass sie Kinderbetreuung benötigen, aber nur 3 Prozent hätten bei der Jobsuche entsprechende Betreuungsangebote erhalten. Das Ministerium habe deshalb mit der Bundesagentur für Arbeit sowie dem Bundesarbeitsministerium ein Hilfsprojekt gestartet.

Angesichts der gestiegenen Geburtenzahlen im vergangenen Jahr warnte die Ministerin vor zu großer Euphorie. Zugleich hob von der Leyen die Bedeutung der Familienpolitik gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten hervor. Die Opposition kritisierte, die Bundesregierung ignoriere die sozialen Sorgen der Familien.

Zuversicht ja, Euphorie nein

Mit Blick auf den Geburtenanstieg im vergangenen Jahr sagte von der Leyen, dies sei "kein Grund zur Euphorie", jedoch "ein Grund zur Zuversicht". Die Annahme, Familienpolitik sei in konjunkturell rauen Zeiten nachrangig, sei falsch, vielmehr sei sie die "Voraussetzung für Wachstum und Wohlstand". "Familie hat in Zeiten der Wirtschaftskrise Konjunktur", betonte die Ministerin.

Wie Deutschland aus der aktuellen Wirtschaftskrise herausgehe, werde von der Familienpolitik abhängen, sagte von der Leyen mit Blick unter anderem auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. "Wenn Vater und Mutter einen Arbeitsplatz haben, halbiert sich das Risiko, durch Arbeitslosigkeit in Armut zu rutschen."

Dem Report zufolge stieg von Januar bis September 2008 die Zahl der Geburten um 3400 auf knapp 518.000. Auf das Gesamtjahr 2008 hochgerechnet dürfte die Zahl der Geburten nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes auf bis zu 690.000 steigen. 2007 verzeichneten die Statistiker knapp 685.000 Geburten - damals bereits ein Plus von 12.000 Kindern gegenüber dem Vorjahr. Zugenommen habe die Zahl der Geburten vor allem bei Frauen zwischen 30 und 40 Jahren, sagte von der Leyen.

Elterngeld hat gefruchtet

Nach Ansicht der Familiensoziologin Uta Meier-Gräwe deutet dies darauf hin, dass das Ziel des Elterngeldes - vor allem gut qualifizierte Frauen zu Kindern zu ermuntern - offensichtlich erreicht werde. Dennoch seien weitere Anstrengungen nötig, sagte sie im MDR. Der Soziologe Hans Bertram von der Humboldt-Universität betonte, einen wesentlichen Anteil am Geburtenanstieg haben das Elterngeld und der Ausbau der Kinderbetreuung.

SPD-Chef Franz Müntefering sagte in Berlin, "dass das Elterngeld diesen guten Weg nimmt, das finde ich beachtlich, und das unterstützen wir". Familie sei die "zentrale Einheit in der Gesellschaft". Die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär nannte es "ermutigend", dass Deutschland eine Trendwende geschafft hat und dass wieder mehr Menschen eine Familie mit Kindern gründen". Allerdings müsse noch mehr für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf getan werden.

"Kinder und Familien im Stich gelassen"

Kritik kam hingegen von Linkspartei und Grünen. Es gebe "keinen Grund zu feiern, wenn in Deutschland 2,4 Millionen Kinder und Jugendliche von Armut betroffen sind und 40 Prozent der alleinerziehenden Eltern von Hartz IV leben", erklärte die familienpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Ekin Deligöz. Die Bundesregierung lasse "diese Kinder und Familien im Stich". Jörn Wunderlich, familienpolitischer Sprecher der Linksfraktion, kritisierte, während der Staat den Familien einen erheblichen Teil der Sozialkosten aufbürde, würden Banken und Konzerne dafür entlastet.

Auch die familienpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Ina Lenke, sprach von einer ernüchternden Bilanz der Familienpolitik. Damit sich Paare wieder für mehr Kinder entscheiden, müssten Familien finanziell viel stärker entlastet werden, erklärte sie. So müssten Kinderbetreuungskosten in voller Höhe von der Einkommen- und Lohnsteuer abgesetzt werden können.

Quelle: ntv.de

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