Politik

"Reden ist ja immer richtig" Viele heikle Gespräche vor dem G20-Gipfel

Merkel und Trump im März im Weißen Haus.

Merkel und Trump im März im Weißen Haus.

(Foto: dpa)

Kanzlerin Merkel trifft in Hamburg erst US-Präsident Trump, später auch den russischen Präsidenten Putin. Der spricht beim G20-Gipfel zum ersten Mal persönlich mit Trump. Ein Überblick über die vielen mit Spannung erwarteten Unterredungen.

Als offizielles Motto für den G20-Gipfel in Hamburg hat sich die Bundesregierung den Spruch "Eine vernetzte Welt gestalten" ausgesucht. Besser gepasst hätten vielleicht zwei Sätze, die Bundeskanzlerin Angela Merkel am vergangenen Montag mit Blick auf US-Präsident Donald Trump sagte: "Ich glaube nicht, dass wir zum Schluss in geeinigten Positionen in alle Fragen daraus hervorgehen. Aber miteinander reden ist ja in allen Fragen der internationalen Diplomatie vernünftig und richtig." Damit ist eigentlich alles gesagt.

Derzeit laufen zahlreiche Gespräche zwischen den Unterhändlern der einzelnen Staaten, um den Text des Abschlusskommuniqués vorzubereiten. Das ist schwierig, weil der nur einstimmig verabschiedet werden kann. Hauptstreitpunkte beim G20-Treffen dürften die Klimapolitik, der Freihandel sowie die Flüchtlingspolitik werden. Auch Merkel selbst führt zahlreiche Vorbereitungsgespräche, um ein Scheitern des Gipfels zu verhindern. Ein Überblick:

Diplomatie mit "Träumchen" und "Schätzchen"

Chinas Präsident Xi Jinping traf sich mit Merkel nicht zu einem einfachen Vorbereitungsgespräch, sondern kam in dieser Woche zum Staatsbesuch nach Berlin. Am Mittwoch sahen sich die beiden ein Fußballspiel von Kindermannschaften aus China und Deutschland an und eröffneten das Panda-Gehege im Berliner Zoo für "Träumchen" und "Schätzchen", die beiden Pandabären, die für fünfzehn Jahre als teuer bezahlte Leihgabe aus China an die Spree gekommen sind.

Um Politik ging es auch. China wolle helfen, dass der G20-Gipfel ein Erfolg werde, sagte Xi bei einem gemeinsamen Auftritt vor Journalisten. Beide erklärten, dass sie eine noch engere bilaterale Zusammenarbeit anstreben. Merkel sagte, China sei ein wichtiger Verbündeter, um die "Unruhe in der Welt" etwas zu besänftigen. Mit Hilfe dieses Verbündeten hoffe sie, "manche Klippe noch überwinden" zu können – wenngleich sie noch nicht wisse, wie das Resultat des G20-Gipfels am Ende aussehen werde.

Nordkorea als Gemeinsamkeit mit Trump

Am Mittwoch empfing Merkel auch den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In im Kanzleramt. Beide sprachen sich für noch schärfere Sanktionen gegen Nordkorea aus. Das isolierte Land hatte am Dienstag – dem amerikanischen Unabhängigkeitstag – erstmals eine Interkontinentalrakete getestet.

Auch Trump dürfte beim G20-Treffen weitere Sanktionen gegen Nordkorea fordern. Unabhängig davon, wie sinnvoll dies ist, stellt Nordkorea eine weitere Möglichkeit dar, Gemeinsamkeiten mit dem US-Präsidenten zu betonen.

Udo Lindenberg entflieht dem G20-Gipfel

Ihre weiteren Vorbereitungsgespräche führt Merkel im Hamburger Hotel Atlantic. Das ist das Hotel, in dem seit mehr als 20 Jahren Udo Lindenberg wohnt. Für die Zeit des Gipfels ist der Rocker allerdings ausgezogen.

Heute um 17 Uhr trifft Merkel zunächst den australischen Premierminister Malcolm Turnbull, später auch den vietnamesischen Premierminister Nguyen Xuan Phuc, der Vorsitzender der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftszone ist.

"Wir rechnen mit schwierigen Gesprächen"

Unmittelbar nach ihrem Treffen mit Turnbull spricht Merkel um 18 Uhr mit Donald Trump. "Wir kennen ja bestimmte Positionierungen der amerikanischen Regierung", hatte die Kanzlerin am Montag gesagt. "Und da erwarte ich nicht, dass wegen einer zweitägigen Reise nach Hamburg diese Positionierungen ausgesetzt werden." Es werde auch Gemeinsamkeiten geben, etwa mit Blick auf die Bekämpfung des Terrorismus. In anderen Fragen gebe es aber "ein hohes Maß an Unterschied".

Differenzen liegen vor allem bei zwei Themen, die Merkel eigentlich zum Schwerpunkt des Gipfels machen wollte. "Wir rechnen hinsichtlich einer ganzen Reihe von Fragen – Handel und Klima gehören dazu – mit schwierigen Gesprächen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Problemgespräch mit Erdogan

Ein Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan findet auf Wunsch der türkischen Regierung statt, wie Seibert mitteilte. Hier dürfte es weniger um den G20-Gipfel gehen als vielmehr um bilaterale Probleme.

Kurz vor dem Treffen mit Merkel legte Erdogan noch einmal kräftig nach. Im Interview mit der "Zeit" forderte er die Bundesregierung auf, die Auftrittsverbote gegen ihn zurückzunehmen. "Deutschland begeht Selbstmord", sagte er wörtlich. "Ich spreche ja im türkischen Fernsehen, und die strahlen ja auch in Deutschland aus. Dann sollen sie auch diese Sendungen in Deutschland verbieten!"

Erdogan wollte nach dem G20-Gipfel eigentlich in einer deutschen Stadt vor Anhängern eine Rede halten. Die Bundesregierung hatte dies mit der Begründung abgelehnt, dies sei angesichts der Konfliktlage mit der Türkei derzeit nicht angemessen. Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und der Regierung in Ankara sind derzeit massiv belastet, unter anderem wegen der Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel in der Türkei, aber auch generell wegen einer Abkehr der Türkei von demokratischen Grundregeln.

"Mir liegt unser gutes Zusammenleben mit türkischstämmigen Menschen hier in Deutschland sehr am Herzen", sagte Merkel, ebenfalls in der "Zeit", dazu. "Ebenso wünsche ich mir vernünftige Beziehungen zur Türkei, auch wenn ich weiß, dass die Probleme sich derzeit auftürmen und wir vieles ganz anders sehen als Präsident Erdogan und seine Regierung."

Zu Putin nimmt Merkel Macron mit

Am Rande des G20-Gipfels wird es auch ein Gespräch von Merkel und dem französischen Staatschef Emmanuel Macron mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geben. Wann dieses Treffen stattfinden wird, ist noch unklar. Am Montag hatte Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow mitgeteilt, Putin habe ein Frühstück mit Merkel und Macron fest eingeplant. Dabei soll es um die Ukraine gehen.

Wie ungewöhnlich die internationalen Beziehungen derzeit sind, macht ein aktueller Beitrag des russischen Präsidenten im "Handelsblatt" deutlich. Darin spricht er sich gegen Protektionismus aus, bekennt sich zum Pariser Klimaschutzabkommen und sichert Merkel in beiden Punkten seine Unterstützung zu. Seine Kritik am Protektionismus verknüpft er mit Kritik an den Sanktionen gegen sein Land. "Der Protektionismus entwickelt sich zu einer Verhaltensnorm", schreibt Putin – und die Sanktionen gegen Russland seien genau das: verdeckter Protektionismus, der den G20-Grundsätzen widerspreche.

Der Höhepunkt: Trump trifft Putin

Am Freitagmorgen schließlich kommt es zum ersten Aufeinandertreffen von Putin und Trump. Das Gespräch dürfte überaus spannend werden: Einerseits hat Trump Putin im Wahlkampf stets in den höchsten Tönen gelobt. Andererseits steht Trumps Verhalten Russland gegenüber in den USA unter verschärfter Beobachtung – im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf war er nach Auffassung der US-Geheimdienste immerhin Putins Lieblingskandidat, und noch immer ist nicht endgültig geklärt, ob und wie Russland sich in den Wahlkampf eingemischt hat.

Trump kommt über Polen nach Hamburg. Dort warf er Moskau bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda "destabilisierendes" Verhalten vor.

Trumps Sicherheitsberater H.R. McMaster sagte im Vorfeld des Gipfels, der Präsident habe für das Gespräch mit Putin "keine spezifische Agenda". Das ist mehr als erstaunlich, Themen gibt es schließlich genug, vor allem Syrien, Nordkorea und die Ukraine. Laut "New York Times" sind die Mitarbeiter des Weißen Hauses und des US-Außenministeriums schon ziemlich nervös.

Quelle: ntv.de, hvo/rts/AFP/dpa

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