Kommentar zur Wehrpflicht Vom Schwanz aufgezäumt
04.04.2002, 11:54 UhrDie Frage "Wer will unter die Soldaten?" findet eine Antwort: immer weniger. Die Frage "Wer muss unter die Soldaten?" wird bald das Verfassungsgericht beantworten. Mit dem Urteil über die Wehrpflicht wird ein politisches Problem eine juristische Antwort finden. Nur wird damit das Pferd vom Schwanz aufgezäumt. Die gegenwärtige Debatte über die Wehrpflicht will nämlich als erste die Frage beantworten, die nur als letzte beantwortet werden kann, wenn nämlich die entscheidende Frage geklärt ist: Welchen Auftrag soll die Bundeswehr haben?
Im Kalten Krieg war die Antwort einfach: Die Verteidigung des Landes und des Bündnisgebietes. Mit dem Fall der Mauer hat sich dies zumindest vorerst erledigt. Dafür kamen andere Aufgaben hinzu, humanitäre, dann friedenssichernde UN-Einsätze, in Somalia unterstützende, im Kosovo dann friedenserzwingende. In Afghanistan kam nochmals eine neue Dimension hinzu. Die Entscheidungen darüber folgten steigenden Anforderungen, denen der vergrößerte Handlungsspielraum Deutschlands entsprach. Sie waren pragmatisch und situationsgerecht, aber eine Perspektive von der künftigen Rolle der Streitkräfte lag ihnen nicht zugrunde.
Die Frage nach dieser Perspektive muss zuerst beantwortet werden. Damit ergibt sich auch die Antwort auf die Frage, wieviel und welche Soldaten die Bundeswehr braucht. Erst dann kann die dritte Frage beantwortet werden, die nach der Wehrpflicht. Sicher ist nur: bequeme Antworten wird es in keinem Fall geben.
Volker Jacobs
Quelle: ntv.de