Die GSG 9 Von Mogadischu nach Bad Kleinen
16.03.2001, 17:19 UhrDie alltägliche Arbeit des Bundesgrenzschutzes ist zweifellos wichtig. Und doch sind Grenzkontrollen, Streifengänge auf Bahnhöfen und der Schutz von Bundesministerien kaum geeignet, die Fantasie zu beflügeln. Ganz anders die BGS-Sondereinheiten: Mit ihnen verbinden sich filmreife Einsätze.
Die bekannteste Sondereinheit des Bundesgrenzschutzes ist die Grenzschutzgruppe 9, kurz: GSG 9. Sie wurde 1973 in Folge des Anschlags auf das israelische Team bei den Olympischen Spielen 1972 in München gegründet: Die palästinensische Terrorgruppe “Schwarzer September” hatte elf Mitglieder der israelischen Mannschaft in ihre Gewalt gebracht. Bei dem Befreiungsversuch kamen alle Geiseln, fünf Terroristen und ein Polizist ums Leben.
Einsatz in Mogadischu
Fünf Jahre später, nach der Geiselbefreiung von Mogadischu, kannte jedes Kind in der Bundesrepublik die GSG 9. Zeitgleich mit der Entführung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer hatten palästinensische Terroristen die Lufthansa-Maschine “Landshut” gekapert und den Piloten gezwungen, nach Mogadischu zu fliegen. Die Regierung unter Kanzler Helmut Schmidt schickte die GSG 9 in die somalische Hauptstadt. Die 86 Geiseln wurden unverletzt befreit.
Wie im Kino. Wie ein Thriller liest sich auch die Erinnerung des damaligen GSG-9-Kommandeurs Ulrich Wegener: “Wir haben den Mahmoud sofort voll erwischt, mit sechs Schüssen. Auch die Terroristin Ansari wurde gleich getroffen ... Die Nummer vier haben wir gesucht, aber nicht gefunden. Plötzlich schoss sie aus einer Toilette. Wir erwiderten das Feuer durch die geschlossene Toilettentür, damit war die Sache erledigt. Es klappte alles wie am Schnürchen.” Auch Thriller sind Geschmacksache.
Einsatz in Bad Kleinen
Mit dem Abflauen des Terrorismus in Deutschland verschwand auch die GSG 9 aus den Schlagzeilen. Aufsehen erregte die Festnahme der mutmaßlichen RAF-Terroristen Birgit Hogefeld und Wolfgang Grams im Sommer 1993 auf dem Bahnhof in Bad Kleinen. Bei dem Einsatz kamen Grams und der BGS-Beamte Michael Newrzella ums Leben.
Laut Abschlussbericht der Bundesregierung erschoss Grams erst Newrzella, dann sich selbst. Die Eltern des Terroristen glaubten dieser Version nicht: Sie glaubten, ihr Sohn wurde aus nächster Nähe erschossen, als er bereits verletzt auf den Schienen lag. Ein Richter stellte 1998 fest: “Wir bewegen uns im Dunkeln. Wir kommen nicht zu einem erwiesenen Selbstmord und nicht zu einer erwiesenen Fremdtötung.” Für das Verspielspiel bei der Aufklärung des Hergangs übernahm der damalige Innenminister Rudolf Seiters die politische Verantwortung: Er reichte seinen Rücktritt ein.
Trotz des Einsatzes in Bad Kleinen wird man die GSG 9 kaum eine schießwütige Truppe nennen können. Nach eigenen Angaben machte die Sondereinheit in ihrer Geschichte nur vier Mal von Schusswaffen Gebrauch: zwei Mal gegen Kampfhunde, zwei Mal gegen Menschen - in Mogadischu und Bad Kleinen.
Quelle: ntv.de