Folgen des Streits Von Reisen wird abgeraten
02.04.2012, 18:00 Uhr
Mit der Steuerdaten-CD nahm 2010 alles seinen Anfang. Schon damals wertete die Schweiz den Kauf als illegal.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Haftbefehl aus der Schweiz gegen drei deutsche Finanzbeamte sorgt in Deutschland für Empörung. Folge für die Beamten ist zunächst aber nur, dass sie erst einmal nicht in die Schweiz fahren sollten. Fakten zur Vorgeschichte und möglichen Konsequenzen.
Die Geschichte beginnt mit einem Deal, der sich bei wohlwollender Beurteilung in einer juristischen Grauzone befindet: Ein anonymer Informant in der Schweiz bietet der nordrhein-westfälischen Finanzverwaltung die CD mit Daten von mehr als tausend deutschen Kunden der Schweizer Großbank Credit Suisse an. Der Anbieter soll ein früherer Angestellter der Bank gewesen sein. Das Land und zahlt 2,5 Millionen Euro.
Juristische Bedenken, ob ein solcher Kauf von Steuerdaten überhaupt rechtmäßig ist, bestehen von Anfang an. Die Schweiz wertet das Geschäft als illegal - am 20. März stellt das Land ein Rechtshilfeersuchen an die deutschen Behörden für die Ermittlungen gegen die drei Finanzbeamten, das momentan geprüft wird.
Keine Auslieferung an die Schweiz
Die Beamten müssen sich nun trotzdem nicht direkt bedroht fühlen. Von einer Reise in die Schweiz ist ihnen derzeit allerdings abzuraten, dort würde ihnen die Festnahme drohen. Ob sie unbesorgt in andere Länder fahren könnten, ist unklar. Den deutschen Behörden liegen aber keine Informationen über einen internationalen Haftbefehl vor. Es ist auszuschließen, dass die Beamten in Deutschland festgenommen und an die Schweiz übergeben werden.
Trotz des Ärgers hat sich der Kauf der Daten-CD für den Fiskus gelohnt. Das NRW-Finanzministerium zählte nach dem Kauf bis Ende 2011 mehr als 6000 Selbstanzeigen von Steuersündern, durch Steuernachzahlungen kamen demnach mehr als 300 Millionen Euro zusammen. Rund 1100 Steuerverfahren wurden gegen die deutschen Kunden der Credit Suisse wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung angestoßen. Das Finanzministerium von Nordrhein-Westfalen will den Ankauf solcher Datenträger "als das letzte, aber durchaus erfolgreiche Mittel" auch für die Zukunft nicht ausschließen.
Frühere Verfahren eingestellt
Auch von Deutscher Seite sind schon Rechtsschritte gegen die Schweizer Seite erfolgt: Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf leitete, gestützt auf die CD-Daten, mehrere Verfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung gegen Mitarbeiter der Credit Suisse ein. Im September vergangenen Jahres schlossen beide Seiten einen Deal: Gegen Zahlung von 150 Millionen Euro wurden die Verfahren eingestellt. Diese Summe war deutlich höher als in vorangegangenen Vergleichsfällen.
Der Kauf der CD durch das Land Nordrhein-Westfalen war kein Einzelfall. Der spektakulärste war der Ankauf von Kundendaten der Liechtensteiner LGT-Bank, für die der Bundesnachrichtendienst dem Ex-LGT-Mitarbeiter Heinrich Kieber fünf Millionen Euro überwies. In der Folge deckten die Ermittler einen der größten Steuerskandale der vergangenen Jahrzehnte auf. Die Öffentlichkeit erfuhr von der Affäre, als Steuerfahnder im Februar 2008 das Haus des damaligen Postchefs Klaus Zumwinkel durchsuchten. Zumwinkel musste 3,9 Millionen Euro Steuern nachzahlen und wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Steuerabkommen soll Probleme lösen
Um künftig zu verhindern, dass Geld aus Deutschland unversteuert auf Schweizer Konten liegt, vereinbarten Deutschland und die Schweiz im August 2011 ein . Von 2013 an soll demnach für alle Schweizer Bankguthaben von deutschen Steuerpflichtigen eine Abgeltungssteuer von 26,4 Prozent gelten. Die Banken sollen das Geld einbehalten und an den deutschen Fiskus weiterleiten. Dies soll anonym geschehen. Der Bundesrat hat dem Abkommen bislang aber die nötige Zustimmung verweigert, weil die SPD die Vereinbarung für zu nachsichtig gegenüber Steuersündern hält.
Quelle: ntv.de, nsc/AFP