Hürden beim Bildungspaket gesenkt Von der Leyen bessert nach
02.11.2011, 19:46 Uhr
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Die Antrags-Bürokratie erschwert die Umsetzung des Bildungspakets für bedürftige Kinder. Nun sollen es Eltern einfacher haben - mit einem Globalantrag und der Möglichkeit, auch nachträglich Geld zu bekommen. Sozialministerin von der Leyen ist zufrieden, für den Grünen-Sozialexperten Kurth bleibt das Paket "die bürokratischste Sozialleistung aller Zeiten".

Ursula von der Leyen blickt nach einem Stolperstart optimistisch in die Zukunft.
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Nach schleppendem Start wollen Bund, Länder und Kommunen das Bildungspaket vereinfachen. Mehr bedürftige Kinder als bislang sollen durch ein einfacheres Antragsverfahren etwa Zuschüsse zum Schulmittagessen oder für den Sportverein bekommen. In Ausnahmefällen soll zudem Geld auch nachträglich ausbezahlt werden können.
"Das Bildungspaket kommt allmählich (...) aus den Kinderkrankheiten heraus", sagte Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach dem dritten runden Tisch zur Umsetzung des im Frühjahr gestarteten Programms. Sie war mit Spitzenvertretern von Kommunen und Ländern zusammengekommen, die ebenfalls eine überwiegend positive Zwischenbilanz zogen.
Globalantrag soll Probleme lösen
Künftig sollen arbeitslose Eltern beim Besuch des Jobcenters einen einzigen Antrag für alle Leistungen stellen können. "Danach braucht es etwa die Meldung eines Sportvereins an das Jobcenter, dass das Kind dort angemeldet ist", erläuterte von der Leyen. "Dann kann das Geld ohne weitere Umstände an den Verein fließen." Es bleibe bei der maximalen Fördersumme von 120 Euro im Jahr.

Nur rund die Hälfte der Berechtigten nutzt das Bildungspaket.
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Sieben Monate nach dem Start des Bildungspakets beantragten nach Angaben des Deutschen Städtetags und des Deutschen Landkreistags Eltern für 44 Prozent der berechtigten Kinder Leistungen. Bei Beziehern von Kinderzuschlag und Wohngeld liegt die Quote bei 50 Prozent. Für Lernförderung waren es nur 3 Prozent.
Hier setzt von der Leyen auf verstärkte Information über die Fördermöglichkeiten über die Schulen. Nicht alle Kinder bräuchten aber diese Förderung. Zudem sei Nachhilfe nicht überall fest etabliert. "Die Herausforderung ist im Moment, die Strukturen hierfür aufzubauen."
Geld soll künftig auch nachträglich bezahlt werden können, wenn Eltern wegen der Anlaufschwierigkeiten in den Verwaltungen oder etwa bei kurzfristig angesetzten Kita-Ausflügen in Vorleistung gegangen sind. Grundsätzlich wird aber am Prinzip der Sachleistung festgehalten.
Lob und Kritik aus der Opposition
Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) lobte, dass nun lebenspraktisch nachjustiert werde. "Wir gucken gemeinschaftlich ganz optimistisch in die Zukunft." Irene Vorholz vom Deutschen Landkreistag machte wenig Hoffnung, dass der Verwaltungsaufwand grundsätzlich rasch sinken könne. Es handele sich um sieben Leistungen, "die alle konkret geprüft und beschieden werden müssen".
Von der Leyen sprach von einer Herkulesaufgabe der Förderung klar definierter Leistungen. "Wir sind noch lange nicht (...) über den Berg." Man werde nie 100 Prozent der rund 2,5 Millionen berechtigten Kinder von Hartz-IV-Empfängern, Geringverdienern und Wohngeldempfängern erreichen.
Die AWO kritisierte, aus juristischer Kleinkrämerei würden zu viele Anträge auf Nachhilfe blockiert. Der Sozialverband Deutschland sprach von einer mageren Bilanz und bemängelte hohe bürokratische Hürden sowie fehlendes Personal in den Jobcentern. Als Schaumschlägerei kritisierte der Paritätische Wohlfahrtsverband die positive Zwischenbilanz: Gespart werde zulasten einkommensschwacher Kinder. Für den Grünen-Sozialexperten Markus Kurth ist das Paket "die bürokratischste Sozialleistung aller Zeiten". Seine Partei forderte, bald müssten 80 bis 90 Prozent Nachfrage erreicht werden.
Das Bildungspaket war nach langwierigen Verhandlungen von Bund, Ländern und Kommunen geschnürt worden, nachdem das Bundesverfassungsgericht eine Hartz-IV-Reform gefordert hatte.
Quelle: ntv.de, dpa