CSU hat keine Einwände Von der Leyens Chancen steigen
02.06.2010, 12:38 Uhr
Wunschvorschlag oder Nebelkerze? FDP-Chef Westerwelle und Kanzlerin Merkel mit von der Leyen am Kabinettstisch.
(Foto: REUTERS)
In der Koalition steigt die Zahl der Befürworter, die Arbeitsministerin von der Leyen als Nachfolgerin von Bundespräsident Köhler unterstützen würden. SPD und Linke kritisieren den Vorschlag zwar - doch Union und FDP verfügen offenbar über eine ausreichende Mehrheit. Kanzlerin Merkel will sich noch in dieser Woche auf einen Kandidaten festlegen.
Der Rückhalt für Ursula von der Leyen als neue Bundespräsidentin steigt. Der Vorschlag von Kanzlerin Angela Merkel findet in der schwarz-gelben Koalition immer mehr Befürworter, die CSU würde die Bundesarbeitsministerin von der CDU als Nachfolgerin des zurückgetretenen Horst Köhler unterstützen. Bei einer Telefonkonferenz sei klar geworden, dass sich mehrere Präsidiumsmitglieder mit ihr anfreunden könnten, hieß es aus Parteikreisen. In der Opposition stößt von der Leyen dagegen auf wenig Sympathie.
Neben von der Leyen gelten auch Bundestagspräsident Norbert Lammert oder Finanzminister Wolfgang Schäuble als mögliche Kandidaten. Auch gegen diese beiden meldete das CSU-Präsidium keine Vorbehalte an. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) wurde dagegen nicht genannt.
Schwarz-gelbe Mehrheit
Die Koalition will Köhlers Nachfolger möglichst rasch benennen: Als Termin wird der Freitag für möglich gehalten. Der Name solle noch vor der am Sonntag beginnenden Sparklausur feststehen, hieß es aus Koalitionskreisen. In der kommenden Woche könnten dann die Bundestagsfraktionen darüber sprechen. Am 30. Juni soll die Bundesversammlung einen neuen Präsidenten wählen.
Union und FDP werden bei der Wahl des neuen Bundespräsidenten nach Angaben der Bundesregierung eine Mehrheit von gut 20 Stimmen haben. Dem gefassten Kabinettsbeschluss zur Zusammensetzung der Bundesversammlung zufolge werden CDU und CSU in dem Gremium voraussichtlich über 497 bis 499 Stimmen verfügen. Auf die FDP entfallen demnach 147 Stimmen. Dies ergibt eine Mehrheit von 644 bis 646 Stimmen. Die absolute Mehrheit in der 1244 Mitglieder zählenden Bundesversammlung liegt bei 623 Delegierten.
Von der Leyen schweigt
Das CSU-Präsidium sicherte CDU-Chefin Merkel zu, es werde einen "geeigneten Vorschlag der CDU" unterstützen. "Dafür werden jetzt Abstimmungsgespräche innerhalb der Union geführt", teilte Generalsekretär Alexander Dobrindt mit. CSU-Chef Horst Seehofer habe das "klare Verhandlungsmandat" erhalten, die Frage mit den anderen beiden Parteichefs der Koalition, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP), zu klären. "Wir haben festgelegt, dass es keinen eigenen CSU-Kandidaten geben wird", sagte ein Teilnehmer. Seehofer wollte anschließend zu weiteren Gesprächen nach Berlin fliegen.
Von der Leyen selbst vermied eine Stellungnahme zu ihrer Favoritenrolle. "Also zu der Nachfrage nach einem spezifischen Arbeitsplatz gilt die gute Regel, das ist jetzt zwar die Zeit der Spekulation, aber es muss jetzt unter hohem Zeitdruck eine gute Lösung für dieses Land gefunden werden, und deshalb gilt für mich einfach ... so", sagte sie und hielt sich den Finger vor den Mund.
Das FDP-Präsidium beriet am späten Dienstagabend vertraulich über die Köhler-Nachfolge. Dabei wurde vereinbart, zusammen mit der Union einen Kandidaten zu präsentieren. Einen festen Vorschlag dafür gab es nicht. Bereits zuvor hatte sich die FDP-Führung darauf verständigt, keinen eigenen Kandidaten ins Rennen zu schicken. "Wir brauchen Führung - und die erwartet man natürlich im Land der Dichter und Denker auch vom Präsidenten oder von der Präsidentin und da kann das auch jemand von der CDU sein", sagte der Geschäftsführer der FDP im Bundestag, Otto Fricke, im Deutschlandfunk.
Opposition kritisiert Vorschläge

Edathy lehnt von der Leyen allerdings ab.
(Foto: privat)
Die SPD äußerte sich kritisch zu den Namen, über die derzeit vor allem diskutiert wird - neben von der Leyen und Lammert auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Sie seien "nicht überzeugend" und eher nicht konsensfähig, sagte SPD-Fraktionsvorstandsmitglied Sebastian Edathy im ZDF. Er brachte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ins Gespräch. Die SPD hat sich vorbehalten, einen eigenen Kandidaten aufzustellen.
Die Linke lehnt von der Leyen als Kandidatin ab. "Ich finde es ehrlich gesagt keine gute Idee, eine Ministerin oder einen Minister aus dem aktuellen Kabinett als Bundespräsidenten vorzuschlagen", sagte Parteivorsitzende Gesine Lötzsch bei n-tv. Sie forderte Merkel auf, alle Parteivorsitzenden zu Gesprächen über einen überparteilichen Kandidaten oder eine Kandidatin einzuladen. Das Land brauche eine Person, die fähig sei, die großen Herausforderungen derzeit zu lösen. "Dazu brauchen wir eine Person mit wirklich großer Lebensweisheit."
Böhrnsen für Überparteilichkeit
Der kommissarische Bundespräsident, Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD), sprach sich ebenfalls für einen überparteilichen Kandidaten aus. "Das Amt des Bundespräsidenten sollte nicht ein Ergebnis parteipolitischer Festlegungen sein", sagte er dem "Hamburger Abendblatt".
Köhler war am Montag nach sechs Jahren vom höchsten Amt des Staates zurückgetreten. Ex-CSU-Chef Erwin Huber kritisierte den Abgang von Köhler scharf. "Der erste Mann im Staat sollte ein Vorbild sein, auch was Pflichterfüllung angeht", sagte er der "Passauer Neuen Presse".
Quelle: ntv.de, tis/dpa/rts/AFP