Weitere Verschärfung? Waffengesetz im Gespräch
28.04.2002, 14:39 UhrUnter dem Eindruck des Amoklaufs von Erfurt ist eine neue Diskussion um das Waffenrecht entstanden. Fast zeitgleich mit dem Blutbad am Gutenberg-Gymnasium hatte der Bundestag strengere gesetzliche Regelungen für den Erwerb und das Führen von Waffen beschlossen. Jetzt wird eine weitere Verschärfung gefordert.
Mit der Erschwerung des Zuganges zu Waffen soll eine stärkere Vermittlung von Werten an den Schulen einher gehen. Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) und auch die Grünen verlangten am Wochenende als Konsequenz aus dem Amoklauf mit 17 Toten eine Überprüfung des erst am Freitag veränderten Waffengesetzes. Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) sprach sich für eine Ächtung von Gewalt-Videos aus. Politiker und Kirchenvertreter verlangten zudem eine stärkere Vermittlung von Werten sowie eine Erziehung zur Gewaltfreiheit.
"Generalverdacht vermeiden"
Vogel sagte der "Bild am Sonntag", zwar dürften Schützenvereine nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Aber die Vereine müssten der Gefahr widerstehen, "Mitglieder ungewollt zu hochgerüsteten Kämpfern auszubilden ". Jetzt müsse darüber nachgedacht werden, "wie weit junge Menschen unkontrolliert Zugang zu Waffen und Munition haben dürfen - auch wenn sie Mitglieder von Schützenvereinen sind".
Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, bezeichnete die Forderung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) nach einer Verschärfung des Waffenrechts als berechtigt. Dies müsse ernsthaft geprüft werden. "Die Tragödie von Erfurt hat Grundannahmen , die Basis des bisherigen Waffenrechtes waren, erschüttert", erklärte Beck. "Man muss fragen: Soll man Jugendlichen und Heranwachsenden schon Waffen frei verfügbar in die Hand geben?"
Die Erleichterungen für Sportschützen in dem neu beschlossenen Waffengesetz ermöglichen es beispielsweise, dass Jugendliche bereits ab einem Alter von zehn Jahren statt bisher zwölf Jahren mit Druckluftwaffen schießen dürfen, mit scharfen Waffen dürfen sie ab 14 Jahren trainieren. Das Bundesinnenministerium erklärte, es sei noch zu früh, um über eine mögliche Verschärfung des Waffenrechts nachzudenken.
"Größere Intoleranz" gefordert
Unions-Kanzlerkandidat Stoiber forderte ein Verbot gewaltverherrlichender Computerspiele. Er sagte der Zeitung "Welt am Sonntag", die so genannten Killerspiele müssten verboten werden: "Was wir jetzt dringend brauchen, ist eine größere Intoleranz gegenüber der Darstellung und Verherrlichung von Gewalt." Brutale, blutige und menschenverachtende Filme hätten in den Familien nichts mehr zu suchen. Der Vizepräsident des Berufsverbandes Deutscher Psychologen, Uwe Wetter, erklärte, die Zunahme von Gewaltpräsentationen im Fernsehen und in Videos führe zu einer Konditionierung potenzieller Täter. Sie versuchten, die auf dem Bildschirm gesehene virtuelle Gewalt zu übertreffen.
Der Kölner Kardinal Joachim Meisner kritisierte im Fernsehsender Phoenix, jungen Menschen würden immer weniger Werte vermittelt. "Alles, was die Menschen früher getragen hat - sei es Familie oder aber Nachbarschaft und Verwandte - entschwindet immer mehr", sagte Meisner. Vielfach herrsche materialistisches Denken und eine Besorgnis erregende Oberflächlichkeit.
Quelle: ntv.de