Politik

Kursstürze in der Türkei Wahl löst Krise aus

Die Krise um die Wahl eines neuen Staatspräsidenten in der Türkei hat zu einem dramatischen Kurseinbruch an der Istanbuler Börse geführt. Angesichts der offenen Konfrontation zwischen türkischer Armeeführung und der islamisch-konservativen Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan warnte die EU-Kommission in Brüssel das türkische Militär erneut vor einem Staatsstreich. Erdogan rief am Abend in einer Rede an die Nation zur Wahrung von Stabilität und innerem Frieden auf.

Der Leitindex der Istanbuler Börse sackte bei der Eröffnung am Montag um fast acht Prozent auf 43.116 Punkte ab - ein Verlust von 3.745 Punkten gegenüber dem Schlussstand am Freitag. Nach leichten Erholungen im Tagesverlauf schloss die Börse am Nachmittag mit Kursverlusten von vier Prozent. Auf den Devisenmärkten verlor die Landeswährung gegenüber Dollar und Euro deutlich an Wert.

Mit Spannung wurde für diesen Dienstag eine Entscheidung des Verfassungsgerichts in Ankara erwartet, das über einen Eilantrag der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP) zur Aussetzung der Präsidentenwahl zu befinden hat. In Istanbul hatten am Sonntag Hunderttausende gegen die Regierung Erdogan und eine schleichende Islamisierung ihres Landes demonstriert.

AKP bleibt betont gelassen

Die Krise um die Präsidentenwahl war eskaliert, als der Generalstab in Ankara in scharfer Form vor Bestrebungen nach einer Aushöhlung der in der Verfassung verankerten Trennung von Staat und Religion und damit indirekt vor einer Wahl von Außenminister Abdullah Gül zum Staatsoberhaupt gewarnt hatte. Auf die immer stärker vorgetragene Forderung nach unverzüglichen Neuwahlen reagierte das Regierungslager auch am Montag demonstrativ gelassen. Das Parlament werde die begonnene Wahl des neuen Staatsoberhaupts "mit Erfolg beenden", sagte Parlamentspräsident Bülent Arinc, der in der Regierungspartei AKP als Hardliner gilt. "Spekulationen sind unnötig."

Erdogan sagte in seiner Rede an die Nation, die Türkei habe in den viereinhalb Jahren der AKP-Regierung "einen nie zuvor erlebten Sprung nach vorn" gemacht. Deshalb komme es darauf an, "dass wir die Stabilität und den inneren Frieden bewahren, dass wir das so schwer erworbene Vertrauensklima nicht beschädigen." "Wenn wir dieses schaffen, wird es für die Türkei kein unüberwindbares Hindernis und kein unerreichbares Ziel mehr geben." Auf den Konflikt mit der Militärführung ging Erdogan in der bereits am Samstag aufgezeichneten Rede nicht ein.

Gül hält an Kandidatur fest

Außenminister Gül, der in der ersten Wahlrunde die nötige Zweidrittelmehrheit um zehn Stimmen verfehlt hatte, hält bislang an seiner Kandidatur fest. Die Regierung mache ihr weiteres Vorgehen von der Entscheidung des Verfassungsgerichts abhängig, hatte Gül am Sonntag erklärt. Die Oppositionspartei CHP hatte ihren Eilantrag damit begründet, dass weniger als zwei Drittel der Abgeordneten zur ersten Parlamentsabstimmung erschienen waren. Der zweite Wahlgang ist für diesen Mittwoch anberaumt.

Die EU-Kommission bekräftigte, es sei wichtig, dass das Verfassungsgericht "in völliger Unabhängigkeit von unzulässiger Einflussnahme entscheiden" könne. "Wir betonen erneut, dass demokratische Aufgaben den demokratischen Institutionen in der Türkei gemäß dem Gesetz und der türkischen Verfassung überlassen bleiben sollten", sagte ein Sprecher.

Quelle: ntv.de

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