Politik

Kleine aber feine Unterschiede Wahlkampf-Waffe Irak

Barack Obama ließ die Chance zum Gegenschlag nicht ungenutzt. "Wenn die Krise da ist und um drei Uhr morgens das Telefon im Weißen Haus klingelt, hat man keine Zeit für Reden", hatte Hillary Clinton ihm unlängst die Botschaft eines ihrer TV-Wahlkampfspots entgegengeschleudert. "So einen Moment des Roten Telefons hatten wir schon", konterte der Senator: 2002, als der US-Kongress die Regierung zum Einsatz militärischer Gewalt im Irak autorisierte - und die Ex-First-Lady dabei mit "Ja" stimmte.

Ob Clinton gegen Obama oder beide gegen den republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain, der Waffengang im Zweistromland ist zwar längst nicht mehr das vorherrschende Thema im US-Wahlkampf; Rezessionsängste und die Krankenversicherungs-Krise treiben die Amerikaner inzwischen weit stärker um, auch weil im Irak mittlerweile weniger US-Soldaten sterben als noch vor einem Jahr. Doch um das unpopuläre Kriegs-Erbe von George W. Bush kommt kein Kandidat herum. Während Obama seine strikte Ablehnung des Militäreinsatzes als Trumpf nutzt, scheint der Konflikt für Hillary Clinton und John McCain wie eine politische Hypothek. Mit Rezepten, wie der Krieg zu beenden sei, tun sich derweil aber alle schwer.

McCain am Irak-Einsatz gemessen

"Es gibt keinen Zweifel, dass das Urteil über den Irak direkt damit verbunden ist, wie ich beurteilt werde", räumte der Republikaner McCain unlängst ein. Der Senator aus Arizona war einer der entschiedensten Befürworter von Bushs Truppenaufstockung um 30.000 Mann im vorigen Jahr. Und seine Aussage, dass er sich eine US-Militärpräsenz im Irak "vielleicht für 100 Jahre" vorstellen könne, löste vielerorts zumindest Erstaunen aus. "Es geht nicht darum, wie lange wir dortbleiben. Es geht darum, ob wir erfolgreich sind oder nicht", verteidigte er im US-Fernsehsender CNN seine Haltung.

Auch McCain wurde schon zum Ziel für eine Breitseite Obamas wegen des Krieges. "Im Irak gab es gar keine El Kaida, bis sich George Bush und John McCain entschlossen, dort einzumarschieren", schoss der Senator gegen den 71-Jährigen. "John McCain mag sagen, er wolle Osama bin Laden bis ans Tor zur Hölle verfolgen. Soweit ist er aber nur George Bush in einen fehlgeleiteten Krieg in den Irak gefolgt, der uns tausende Leben und Milliarden von Dollar kostete."

Wahl zwischen unterschiedlichen Ansätzen

Die beiden demokratischen Kandidaten beharken sich zwar über die Zustimmung Clintons zum Krieg vor fünfeinhalb Jahren. Doch hören da die Differenzen nach Ansicht von US-Kommentatoren schon weitgehend auf. Obama will "umgehend" mit dem Abzug von Kampftruppen beginnen und binnen 16 Monaten abschließen. Die Senatorin aus New York will drei Monate nach ihrer Amtseinführung anfangen, Kampfeinheiten heimzuholen. "Ich kann keinen Unterschied zwischen dem feststellen, wie Clinton darüber spricht, uns da herauszubringen und wie Obama darüber spricht, uns da herauszubringen", schreibt der Kolumnist Eugene Robinson in der "Washington Post".

Doch sollte niemand die Hoffnung hegen, ein demokratischer Präsident, sei es Obama oder Clinton, werde alle Truppen nach Hause holen, warnt das "Wall Street Journal". Beide Kandidaten sprächen immer nur davon, "Kampftruppen" abzuziehen. Andere Einheiten, die etwa im Anti-Terror-Kampf eingesetzt werden, US-Bürger schützen oder irakische Soldaten trainieren, seien nicht gemeint. "Solche Missionen bedürften, wie Berater beider Kandidaten einräumen, wahrscheinlich mehrere zehntausend Mann militärischen Personals der USA", schreibt das Blatt. Die Folge: "Wenn die Wähler (zur Präsidentschaftswahl) im November an die Urnen gehen, können sie zwischen sehr verschiedenen Ansätzen wählen, wie es künftig mit dem Krieg weitergeht. Das Engagement der USA werden sie aber nicht schnell beenden können."

Von Frank Brandmaier, dpa

Quelle: ntv.de

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