Politik

Djerba-Explosion Wahlkampfschlager Terror?

Der mutmaßliche Terroranschlag auf der tunesischen Ferieninsel Djerba droht zum Wahlkampfschlager zu werden. Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) hielt der Bundesregierung mangelhafte Aufklärung über terrorgefährdete Reiseländer vor. Das Bundesinnenministerium erklärte daraufhin, Stoiber wolle die Bevölkerung "aus wahlkampftaktischen Gründen verunsichern".

CSU-Generalsekretär Thomas Goppel kündigte an, die Union werde die Bedrohung durch ausländische Terroristen mit der Frage der Zuwanderung verknüpfen. "Das wird ein Wahlkampfthema und das gehört auch zusammen", sagte Goppel der "Leipziger Volkszeitung". Es dürfe nicht sein, dass "durch Zuwanderung die Gefahr durch terroristische Kräfte und Unterstützer bei uns im Land weiter wächst".

Weiteres Opfer

Eine Woche nach der Explosion auf Djerba ist ein weiteres Opfer zu beklagen. Ein 15 Jahre altes Mädchen starb in Lübeck. Der Leiter der Intensiveinheit für Schwerbrandverletzte im Uniklinikum, Professor Mailänder, sagte, die Patientin sei am Mittwochabend "erwartungsgemäß ihren schweren Verletzungen erlegen". Sehr kritisch sei auch der Zustand einer 33-jährigen Frau. Weitere Schwerverletzte liegen in Aachen, Berlin, Köln und Hamburg in Krankenhäusern.

Damit hat sich die Zahl der Todesopfer nach der Explosion vor der La-Ghriba-Synagoge auf 16 erhöht, elf von ihnen sind deutsche Staatsbürger. Der Zustand eines 14-Jährigen, der in Aachen behandelt wird, hat sich unterdessen weiter verbessert. Der Junge sei inzwischen aus dem künstlichen Koma erwacht, könne sprechen und selbstständig atmen, teilte das Klinikum mit. Am Freitag soll er erneut operiert werden. Auch bei zwei 72 und 44 Jahre alten Männern, deren Wunden in Köln versorgt werden, hat sich der Zustand gebessert.

Sachbeweise für Anschlag

Unklarheit herrscht weiter über die Hintergründe der Explosion. Zwar verdichteten sich die Anzeichen für einen Terroranschlag, Bundesaußenminister Joschka Fischer warnte jedoch vor voreiligen Schlüssen. Bundesinnenminister Otto Schily sprach dagegen von Sachbeweisen für einen Anschlag und wies darauf hin, dass auch in Deutschland eine Bedrohung durch islamistische Terroristen bestehe.

Schily bedauerte, dass die Bundesanwaltschaft am Dienstag einen im Zusammenhang mit der Explosion Verdächtigen freilassen musste, der am Vortag wegen eines Telefonats im Ruhrgebiet festgenommen worden war. Er betonte aber, dass er als Minister die Entscheidung der Justiz nicht beeinflussen dürfe.

Nach Informationen des ZDF gibt es eine Verbindung zwischen dem freigelassenen Verdächtigen und der Hamburger El-Kaida-Zelle, die die Anschläge vom 11. September in den USA vorbereitet hat. Bei Hausdurchsuchungen im Duisburger Raum hätten die Ermittler die Telefonnummer von Ramzi Binalshibh gefunden. Nach dem mutmaßlichen Helfer der Todespiloten wird seit Monaten gefahndet. Die Bundesanwaltschaft wollte dazu unter Hinweis auf die laufenden Ermittlungen keine Stellung beziehen.

Der Minister bekräftigte, dass der Drohbrief an die deutsche Botschaft in Tunis nach Einschätzung der Behörden nichts mit dem Anschlag auf der tunesischen Ferieninsel zu tun habe. Schily will am Wochenende nach Tunesien reisen und am Montag mit Ermittlern und dem Staatspräsidenten Zine el Abidine Ben Ali zusammentreffen.

Reiseveranstalter kulant

Die großen Reiseveranstalter in Deutschland zeigen sich nach Auskunft des Bundesverbraucherministeriums bei Rücktritts-Wünschen von Tunesien-Urlaubern kulant. Verbraucherschützer forderten allerdings, dass Tunesien-Urlauber ihre Reise ohne Mehrkosten umbuchen können.

Die Verbraucherzentrale wies darauf hin, dass Reiseverträge wegen höherer Gewalt nur gekündigt werden könnten, wenn eine grundsätzliche Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliege. Derzeit rät das Amt in Berlin jedoch nur zu erhöhter Vorsicht. Vor einer möglichen Verschärfung der Sicherheitshinweise für Tunesien müssten erst die Ergebnisse der Ermittlungen abgewartet werden, stellte Außenminister Fischer in Berlin klar. Bei einer Kündigung des Reisevertrages müssen die Kunden deswegen weiter mit Stornierungskosten rechnen.

Quelle: ntv.de

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