Politik

Nach den EU-Assoziierungsabkommen Was kann Russland unternehmen?

Wladimir Putin fürchtet um die Einflusssphäre Russlands.

Wladimir Putin fürchtet um die Einflusssphäre Russlands.

(Foto: AP)

Die Ukraine, Georgien und Moldau unterzeichnen Assoziierungsabkommen mit der EU. Russland droht mit Konsequenzen. Welche Mittel hat Moskau, die kleinen Nachbarn vom Kurs auf Europa abzubringen?

Zusammenarbeit beim Handel und in Energiefragen, Kooperation bei der Außenpolitik und ein weitreichendes Freihandelsabkommen – das sind die wesentlichen Punkte der Assoziierungsvereinbarungen, die am Freitag beim EU-Gipfel in Ypern unterzeichnet wurden. Neben dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko setzten auch Georgiens Regierungschef Irakli Garibaschwili und sein moldauischer Kollege Iurie Leanca ihre Unterschrift unter das Vertragswerk. Sie ließen keinen Zweifel daran, dass sie vollwertige Mitglieder der Europäischen Union werden wollen.

Aus russischer Sicht sind Georgien und die Republik Moldau deutlich weniger wichtig als die Ukraine. Alle drei sind jedoch ehemalige Sowjetrepubliken und in unmittelbarer Nachbarschaft. Es liegt nahe, dass Russland vieles tun wird, um eine endgültige West-Integration der drei Länder zu verhindern. Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen, hat Moskau einige. Doch es werden immer weniger.

Abtrünnige als russischer Hebel

Georgien hat nach Krieg mit dem großen Nachbarn 2008 seine Energie- und Handelsflüsse diversifiziert. In Sachen Gas ist das Land inzwischen weitgehend unabhängig von Russland, neunzig Prozent seines Bedarfs deckt es mit Lieferungen aus dem benachbarten Aserbaidschan. Bei den Exporten aus Georgien steht Russland nur noch an vierter Stelle, bei Investitionen im Land sogar nur an fünfter. Im Juni 2013 hat Moskau das Embargo für georgischen Wein aufgehoben. Gut siebzig Prozent der Ausfuhren fließen seitdem wieder direkt nach Russland. Ein neuerliches Verbot würde die georgischen Weinbauern empfindlich treffen.

Wein wird in Moldau wie Georgien angebaut. Getrunken wird er künftig wohl eher in Europa als in Russland.

Wein wird in Moldau wie Georgien angebaut. Getrunken wird er künftig wohl eher in Europa als in Russland.

(Foto: REUTERS)

Der wichtigste Hebel, um Georgien von seinem Europakurs abzubringen, sind jedoch die beiden abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien. In Südossetien sind derzeit etwa 3.500 russische Soldaten stationiert, Russlands nächste Militärbasis liegt nur 250 km entfernt im armenischen Gyumri. Sollten russische Truppen von Südossetien nach Gyumri vordringen, würde das wichtige Versorgungsachsen zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer unterbrechen, sagt die Analystin Liana Fix von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Vorwand für eine solche Aktion könne demnach der "Schutz" der russischsprachigen armenischen Bevölkerung in der Region Samzche-Dschawachetien sein.

Russland versuche, seinen Einfluss aber auch mit anderen Mitteln zu stärken, analysiert Fix, und nennt ultra-konservative Elemente der orthodoxen Kirche sowie eine Reihe neu gegründeter NGOs. Die heißen zum Beispiel "Eurasia Institute", oder "Eurasien Choice" und werden nicht müde, die ideologische Nähe Georgiens zu Russland zu betonen.

Transnistrien will weg

Die Republik Moldau, das ärmste Land Europas, befindet sich zum Teil in einer ähnlichen Lage. Im Herbst 2013 hatte Russland mitten in der Traubenernte alle Weinimporte aus der Republik Moldau gestoppt, wegen angeblicher Verunreinigungen. Russlaand wollte vor dem EU-Gipfel in Vilnius im November 2013 den Druck auf Moldau erhöhen, damit die Republik keine weiteren Schritte in Richtung EU-Assoziierung unternimmt. Als Antwort öffnete die EU ihre Märkte für den moldauischen Wein und seit April auch für moldauische Bürger. Sie dürfen 90 Tage ohne Visum nach Europa reisen, eine Arbeitserlaubnis bekommen sie allerdings nicht.

Die abtrünnige Provinz Transnistrien, in der sechzig Prozent der Bevölkerung russischstämmig sind, wünscht sich eine Annäherung an Russland. Sie wird seit zwanzig Jahren mit Gas und Devisen aus dem großen Nachbarland unterstützt. Doch auch andere Landesteile Moldaus sind prorussisch eingestellt. So wurde in der autonomen Region Gagausien im Februar 2014 ein "Referendum" durchgeführt, das sich für die Integration Moldaus in Russlands Eurasische Zollunion aussprach. Danach ließ Russland die Handelsbeschränkungen auf Wein für diese Region fallen. In Sachen Energie ist Moldau von russischem Gas abhängig, das über die Ukraine zugeleitet wird.

Osten oder Westen?

Während es in Georgien einen breiten Konsens für den proeuropäischen Weg der Regierung gibt, ist die Position in der Republik Moldau umstritten. Durch die nun unterzeichneten Assoziierungsabkommen werden die Möglichkeiten Russlands geringer, westeuropäische Einflussnahme zu verhindern.

Die beiden Länder müssen sich entscheiden: Zwischen einer Integration nach Westen oder Osten. Moldau wäre in der Eurasischen Zollunion willkommen. Die EU, die Reformanstrengungen verlangt, hat ein solches Bekenntnis lange vermissen lassen. Auch deshalb hat EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle sich kürzlich für eine Vollmitgliedschaft von Ukraine, Georgiens und Moldau ausgesprochen. Wann es soweit sein könnte, ist allerdings fraglich.

Entscheidend wird für beide Staaten bis dahin die Sicherheit sein, meint Analystin Liana Fix. Sollten russische Truppen einmarschieren, könnten die Europäer lediglich Sanktionen bemühen. Militärische Sicherheitsgarantien erscheinen ausgeschlossen. Deshalb, so Fix, sei die wirkliche Herausforderung, Georgien und Moldau auch nach der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens auf dem europäischen Weg zu halten. Besonders angesichts russischer Versuche, Einfluss zu nehmen.

Quelle: ntv.de

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