Politik

Obama will nicht weinen Was kommt nach dem "Change"?

Barack Obama muss wieder Euphorie erzeugen, aber die Bedingungen sind schwieriger als 2008.

Barack Obama muss wieder Euphorie erzeugen, aber die Bedingungen sind schwieriger als 2008.

(Foto: REUTERS)

Barack Obama hat es 2008 mit den Schlagworten "Hope" und "Change" geschafft, eine Euphorie auszulösen, die ihn mit deutlichem Abstand ins Weiße Haus brachte. Seitdem ist Ernüchterung eingekehrt. Heute Nacht muss Obama zeigen, was er Neues anzubieten hat.

"Das war phänomenal. Magisch", erinnert sich die Debra Burke. Sie ist extra 1400 Kilometer aus Boston gereist, um zu erleben, wie Obama vor 70.000 Fans seine Antrittsrede als Kandidat für eine zweite Amtszeit halten wird. Die fröhliche Frau trägt ein rotes T-Shirt mit dem berühmten "Yes, we can"-Slogan aus dem Wahlkampf 2008. Angst, dass die Worte ihres Idols diesmal weniger Begeisterung auslösen könnten, hat sie nicht: "Sie werden in Massen kommen, um ihn zu wählen", sagt sie.

Doch im Gegensatz zu dem Parteitag vor vier Jahren wird man in Charlotte vergeblich nach den einprägsamen Schlagworten "hope" und "change" – Hoffnung und Wandel – suchen. Auch den Demokraten ist klar, dass von der Begeisterung nicht viel übriggeblieben ist. Obama muss vielmehr die Attacken der Republikaner abwehren, die immer wieder fragen, ob die Lage des Landes besser sei als vor vier Jahren.

"Bunter Haufen" umwirbt die Minderheiten

Berater des Präsidenten haben angekündigt, dass er dem Wähler sehr viel konkretere Vorschläge unterbreiten wird, als die Republikaner es taten. Dass Romney keine Blaupause für seine Wirtschaftspolitik vorlegte, wird unter Demokraten als Fehler gesehen. Obama dürfte betonen, dass er das Wirtschaftswachstum "von unten" anregen will, also mit Hilfen für die Mittelschicht. Der Krieg in Afghanistan und die Tötung von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden dürften ebenfalls eine prominente Rolle spielen.

Zudem sollen zahlreiche weibliche Redner den Vorsprung vor den Republikanern bei amerikanischen Frauen ausbauen. Erwartet werden unter anderem die Schauspielerin Eva Longoria von "Desperate Housewives", die ehemalige Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und die sehr beliebte First Lady Michelle Obama. Der Präsident selbst stimmte seine Anhänger zum Auftakt eines Wahlkampfauftritts in Norfolk, Virginia auf die Rede der First Lady ein: "Ich weiß, was immer ich hier heute sage, wird bestenfalls einen entfernten zweiten Platz hinter dem einnehmen, was Ihr heute Abend vom Star der Obama-Familie, Michelle Obama, hören werdet", sagte der Demokrat. Er werde sich die Rede daheim im Weißen Haus zusammen mit seinen beiden Töchtern anhören, "und ich werde zu vermeiden versuchen, dass sie ihren Papa weinen sehen".

Insgesamt versucht die Partei, um die Stimmen von Minderheiten zu werben, indem sie sich als ein bunter Haufen darstellt: Es trifft sich eine Gruppe für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle . Lateinamerikanische Immigranten bilden ebenso einen der "Caucuses" wie Ureinwohner, Asiaten und Afroamerikaner. Den größten Saal für ihr Treffen benötigen die Frauen, die sich von den Republikanern in ihrem Recht auf Schwangerschaftsverhütung und Abtreibung eingeschränkt fühlen.

Romneys Zustimmung unter Schwarzen liegt bei 0 Prozent

Alle zusammen können zahlenmäßig die kommende Wahl entscheiden – und nach Umfragen sieht so aus, als habe Obama unter Minderheiten und Frauen weiter wesentlich mehr Fans als sein Herausforderer Mitt Romney. Der kam kürzlich in einer Umfrage des "Wall Street Journals" tatsächlich auf eine Zustimmungsrate von null Prozent unter Schwarzen. Bei Frauen war Obama zuletzt mit gut 50 Prozent im Vorteil, Romney lag etwa 10 Prozentpunkte dahinter. Wenn Obama diesen Vorteil in die Wahl am 6. November rette, bleibe er im Weißen Haus, meint der Politikexperte William H. Frey. Doch garantiert sei das längst nicht.

"Das Resultat wird größtenteils vom Enthusiasmus der Wählerblöcke unter den Minderheiten abhängen", schrieb Frey in einer Analyse. Die nötige Begeisterung zu entfachen, ist Hauptzweck des Parteitags und der weiteren Basisarbeit in den kommenden neun Wochen. "Ihr müsst die Kampagne leben, im Schlaf an sie denken, sie atmen", ruft Parteichefin Debbie Wasserman Schulz daher einer Gruppe junger Wahlkampfhelfer zu. Aufgegeben haben sie es nicht, den Menschen erneut das euphorische Gefühl von 2008 zu verleihen.

Quelle: ntv.de, che/dpa/rts

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