Beziehungen auf Prüfstand Washington warnt Moskau
25.08.2008, 20:52 UhrDie USA überprüfen nach den Worten von Außenministerin Condoleezza Rice als Folge der Kaukasus-Krise weiter ihre Beziehungen zu Russland. Washington werde sicherstellen, "dass es keine neuen Trennlinien in Europa gibt", sagte Rice während ihres Fluges in den Nahen Osten. Russland müsse seinen Verpflichtungen aus dem Waffenstillstandsplan nachkommen. Bislang seien jedoch nicht alle erfüllt worden, betonte die Ministerin.
Die "Financial Times" hatte berichtet, die USA wollten nach dem russischen Einmarsch in Georgien ein Abkommen mit Moskau über die Zusammenarbeit bei der zivilen Nukleartechnik möglicherweise auf Eis legen. Hochrangige US-Regierungsbeamte erwarteten, dass Rice Präsident George W. Bush eine entsprechende Empfehlung gebe. Die Außenministerin hatte Moskau wegen der Militäroffensive wiederholt mit Konsequenzen gedroht. Verteidigungsminister Robert Gates hatte überdies erklärt, das Pentagon wolle in den kommenden Wochen und Monaten die gesamte Skala des militärischen Verhältnisses mit Russland überprüfen.
Moskau für Unabhängigkeit der georgischen Provinzen
Ungeachtet aller Warnungen des Westens haben zuvor beide Kammern des russischen Parlaments in einem Appell an Präsident Dmitri Medwedew die Anerkennung der Unabhängigkeit von Südossetien und Abchasien gefordert. Der Föderationsrat - das Oberhaus - und die Staatsduma sprachen sich in Moskau jeweils ohne Gegenstimme für die Unabhängigkeit der von Georgien abtrünnigen Gebiete aus. In einer von nationalistischen Tönen geprägten Aussprache bezeichneten russische Abgeordnete die Anerkennung der Unabhängigkeit als einzige Möglichkeit, um zukünftige Aggressionen von georgischer Seite zu verhindern.
In dem Appell der Duma an Medwedew hieß es, die Anerkennung schütze die Menschen in den Gebieten vor äußerer Gefahr, stärke den internationalen Frieden und die Stabilität in der Region. Die Führungen der beiden abtrünnigen Provinzen boten Russland Abkommen über die Stationierung von Truppen auf ihren Gebieten an. Der Kremlchef reagierte zunächst nicht auf den umstrittenen Aufruf.
Präsident Medwedew hatte zuletzt deutliche Sympathien für das Streben Abchasiens und Südossetiens nach Unabhängigkeit gezeigt. Unter russischen Experten ist aber umstritten, ob Medwedew in nächster Zeit die Unabhängigkeit der Gebiete juristisch anerkennt. Die Initiative zur Anerkennung Südossetiens und Abchasiens hatte mit dem jüngsten Krieg im Südkaukasus starke Unterstützung im eigenen Land erfahren. Russland hat Georgien vorgeworfen, "Völkermord" an der Bevölkerung in Südossetien begangen zu haben.
Merkel "in großer Sorge"
Deutschland reagierte besorgt auf die Forderung des russischen Parlaments nach Anerkennung Abchasiens und Südossetiens. "Das ist gegen die internationalen Verträge", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Stockholm nach einem Treffen mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Fredrik Reinfeldt. Sie erwarte, dass Präsident Medwedew die Resolution nicht unterschreibe. Ansonsten gäbe es eine "sehr schwierige, kritische Situation" mit Blick auf die territoriale Integrität Georgiens, sagte die Kanzlerin.
Merkel rief Russland auf, die russischen Truppen wie vereinbart aus Georgien abzuziehen und den Sechs-Punkte-Friedensplan vollständig umzusetzen. "Wir sind unzufrieden" (...), dass der Sechs-Punkte-Plan "nicht erfüllt ist bis jetzt". Merkel und Reinfeldt betonten, es gehe nun um die Unterstützung Georgiens beim Wiederaufbau. Beide sprachen sich für einen weiteren Dialog mit Russland aus.
Die Kanzlerin betonte aber, bestimmte Werte müssten eingehalten werden, auch wenn es wirtschaftliche Abhängigkeiten wie etwa bei der Energie gebe. Angesichts der angestrebten NATO-Mitgliedschaft von Georgien und der Ukraine sagte Merkel, man habe eine Vielzahl von Angeboten gemacht. Diese "werden wir jetzt bekräftigen".
Georgien sieht Wiederbelebung der UdSSR
Unterdessen hat Georgien hat den Beschluss des russischen Parlaments zu Südossetien und Abchasien als völkerrechtswidrig zurückgewiesen. "Russland hat sich offenbar zur Wiederherstellung der (1991 aufgelösten) Sowjetunion entschieden und möchte damit in Georgien beginnen", kritisierte der georgische Präsident Michail Saakaschwili laut der Agentur Interfax in der Stadt Gori. "Niemand kann eine Annektierung unserer Territorien legalisieren."
Quelle: ntv.de