Politik

Debatte ohne Höhepunkte Weder McCain noch Obama vorn

Die Umstände der Debatte - im Schatten der schweren Finanzkrise und der verzweifelten Lösungssuche in Washington - waren einmalig. Zeitweise wollte einer der Kontrahenten erst gar nicht zum Duell erscheinen. So etwas hatte es in den USA noch nicht gegeben. Selbst am Abend, als Barack Obama und John McCain in der Universität von Mississippi ans Podium traten, waren Republikaner und Demokraten in Washington noch dabei, einen Weg aus der Misere zu suchen. Ratlosigkeit, ja Chaos nehmen in Washington mit jedem Tag zu - wie sollten da die beiden Kontrahenten mit klaren Rezepten und Optimismus glänzen?

"Wall Street hat die erste Präsidentschaftsdebatte entführt", metapherte der TV-Sender MSNBC. Vorsicht und Zurückhaltung waren für die Kontrahenten das Gebot der Stunde, niemand wollte sich aus dem Fenster lehnen. "Wir haben den genauen Wortlaut noch nicht gesehen", meinte Obama, als er zu seiner Meinung zum vorliegenden Rettungspaket für die Wall Street gefragt wurde. "Das waren nicht die Antworten, die die Amerikaner erwarten", meinte ein Kommentator beim TV-Sender CNN.

Auch McCain war nicht viel besser, sein finanzpolitisches Credo war das alte Patentrezept der Neo-Konservativen: "Wir müssen die (staatlichen) Ausgaben begrenzen...Wir müssen das System verändern." Gut ein halbes Dutzend Mal griff er zu dieser Formel. Eines ist sicher: Eine Sternstunde der politischen Debattenkultur war das eineinhalbstündige Spektakel nicht.

Kein eindeutiger Sieger

Zu viel stand auf dem Spiel an diesem Abend: Die erste Debatte sei die entscheidende, meinten Umfrage-Spezialisten schon im Vorfeld. Um vier bis fünf Prozent könnten die Werte für den Sieger in die Höhe gehen. Doch unter den TV-Kommentatoren herrschte Ratlosigkeit, wer als Sieger des Duells anzusehen sei. Die Debatte sei auf alle Fälle kein "gamechanger" gewesen, kein Ereignis, das den bisherigen Wahlkampf auf den Kopf stelle oder die Wähler dazu bringe, ihre Meinung zu ändern und auf einen anderen Kandidaten umzuschwenken. Es war eine Debatte ohne Höhepunkte, ohne Brillanz und ohne Sieger.

Ob Irak oder Iran, Finanzen oder Steuern - zu hören waren Standardsätze, mit denen die Kandidaten seit Wochen durchs Land touren. Interessanter war da die Körpersprache: Während sich Obama von seinem Podium immer wieder zu seinem Gegner wandte, ihn direkt ansprach und versuchte, ihm in die Augen zu sehen, zeigte ihm der ältere McCain über weite Strecken die kalte Schulter. "Warum hat er Obama nicht angeschaut", fragte ein Kommentator im TV-Sender MSNBC.

McCain zu arrogant?

US-Medien hatten bereits zuvor auf die besondere, heimliche Debattenstärke McCains hingewiesen. Schwer zu packen und mitunter von oben herab, hatte das die "New York Times" umschrieben. Tatsächlich führte der 72-jährige McCain immer wieder den "Altersfaktor" in die in die Debatte ein, unterstrich der Vietnamveteran seine eigene politische Erfahrung und seine Kompetenz vor allem in Sachen Außen- und Sicherheitspolitik. Immer wieder begann er seine Sätze mit "Ich fürchte, Senator Obama versteht nicht....", einer seiner letzen Ausführungen am Ende der 90-TV-Minuten hieß: "Ich glaube nicht, dass Obama über das notwendige Wissen und die Erfahrung verfügt". Auch ein deutlicher Hauch von Arroganz und Hochmut war dabei. Doch Kenner in Sachen Wahlkampf und Wählerverhalten meinten, damit sei McCain ein großes Risiko eingegangen - "Amerikaner mögen keine Arroganz".

Peer Meinert, dpa

Quelle: ntv.de

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