Politik

Behutsamer Umgang mit Iran Weltgemeinschaft will reden

Luftaufnahme der Baustelle in der Nähe der Stadt Qom.

Luftaufnahme der Baustelle in der Nähe der Stadt Qom.

(Foto: Reuters)

Nach dem Eingeständnis des Irans, eine zweite Anlage zur Urananreicherung zu bauen, setzt die Weltgemeinschaft vorerst auf Dialog. Schärfere Sanktionen und sogar militärische Reaktionen werden aber nicht mehr ausgeschlossen.

US-Präsident Barack Obama warnte Teheran in seiner wöchentlichen Radio- und Internetbotschaft vor gravierenden Konsequenzen, sollte die iranische Führung bei ihrem Atomprogramm nicht einlenken. Auf der anderen Seite bot er aber auch einen ernsthaften Dialog an.

Teheran kündigte unterdessen an, internationale Inspekteuren in seine neue Anlage lassen zu wollen. Ein konkreter Termin wurde allerdings nicht genannt. Das Mullah-Regime hatte am Freitag überraschend zugegeben, ungeachtet der Kritik an seinen Atomplänen neben einer Urananreicherungsanlage in Natans eine zweite, bislang unbekannte zu bauen. Das stieß weltweit auf scharfe Kritik.

Ahmadinedschad will Inspektoren in die neue Anlage lassen.

Ahmadinedschad will Inspektoren in die neue Anlage lassen.

(Foto: REUTERS)

Zudem kündigte die Regierung in Teheran an, die Revolutionsgarden wollten ab Sonntag mehrere Raketentests vornehmen. Mit dem Manöver "Großer Prophet 4" solle die Fähigkeit der iranischen Streitkräfte zur Abschreckung erhalten und verbessert werden.

Teheran überraschend moderat

Es werde eine "Inspektion der neuen Fabrik in angemessener Zeit geben", sagte der Leiter der iranische Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, im staatlichen Fernsehen. Die neue Anlage befinde sich rund 100 Kilometer südlich der Hauptstadt Teheran und werde in etwa einem Jahr betriebsbereit sein. Über die Kritik an dem späten Bekanntwerden der Anlage zeigte er sich verwundert. Seiner Ansicht nach hätte das Land erst ein halbes Jahr vor Inbetriebnahme deren Existenz melden müssen. Die internationale Atomenergiebehörde IAEA hatte die Melderegeln allerdings vor einigen Jahren verschärft. Eine Anlage muss danach schon bei der Planung offengelegt werden.

Zuckerbrot und Peitsche

Obama sagte in seiner Botschaft, die iranische Regierung habe die Wahl: "Sie kann ihrer Verantwortung nachkommen und sich in die internationale Gemeinschaft integrieren, oder sie gerät unter zunehmenden Druck und Isolierung." Zuvor hatte er bekräftigt, eine diplomatische Lösung anzustreben. Doch schließe er "keine Option aus, wenn es um die Sicherheit der USA geht". Er setze auf die bevorstehenden Gespräche in Genf und hoffe, dass das Land einlenke. Vertreter der fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrats (USA, Großbritannien, Russland, Frankreich und China), Deutschlands und des Irans kommen am 1. Oktober in der Schweizer Stadt zusammen.

Medwedew könnte sich Sanktionen gegen Iran vorstellen.

Medwedew könnte sich Sanktionen gegen Iran vorstellen.

(Foto: AP)

Teheran hat allerdings schon angekündigt, dabei nicht über sein umstrittenes Atomprogramm reden zu wollen, sondern nur über globale Herausforderungen. Der Iran beteuert, das atomare Material nur für zivile Zwecke nutzen zu wollen, zum Beispiel in der Energieerzeugung. Kritiker befürchten, dass das Land damit Atomwaffen herstellen will.

Moskau schwenkt auf Washingtoner Linie

Kremlchef Dmitri Medwedew bezeichnete die Lage als schwierig. "Der Bau einer neuen Fabrik war eine Überraschung für alle Länder", sagte der russische Präsident laut Agentur Interfax nach dem G20-Treffen im amerikanischen Pittsburgh. "Dies war ein geheimes Vorhaben, das ist das Schwierigste in dieser Situation." Er schloss nicht aus, dass die Vetomacht Russland Sanktionen gegen den Iran im Weltsicherheitsrat im Unterschied zu früher unterstützen könnte.

Auch die britische Regierung setzt auf Diplomatie. "Keine vernünftige Person schaut ohne große Beunruhigung auf die militärische Frage", sagte Außenminister David Miliband im BBC-Radio. "Deshalb sind wir zu 100 Prozent dem diplomatischen Weg verpflichtet." Iran müsse beim Treffen in der Schweiz am kommenden Donnerstag alle offenen Fragen beantworten. Doch auch er wollte eine militärische Reaktion im Ernstfall nicht ausschließen. Die Vereinten Nationen zeigten sich sehr besorgt über die Entwicklung. UN- Generalsekretär Ban Ki Moon forderte konstruktive Verhandlungen so schnell wie möglich.

Geheimdienste wussten Bescheid

Der Bau der Anlage soll den westlichen Geheimdiensten bereits länger bekannt gewesen sein. Wie der Sender CNN berichtete, haben die USA ihre Geheimdiensterkenntnisse über den Bau der zweiten Anlage im Iran offenbar schon seit geraumer Zeit mit Russland und China geteilt. Damit habe Präsident Obama die Länder dazu bewegen wollen, möglichen Sanktionen gegen den Iran zuzustimmen, wurden Regierungskreise zitiert.

Diplomaten hatten am Freitag berichtet, dass in der Anlage Platz für rund 3000 Zentrifugen sei. Das sei etwa die Menge, die man benötige, um innerhalb eines Jahres das Material für eine Atombombe herzustellen, allerdings nicht genug für einen Atomreaktor. Kritiker betonten daher, dass dies für einen militärischen Charakter der Urananreicherung spreche. In der ersten Anlage in Natans ist laut Experten Platz für rund 50.000 Zentrifugen, wovon etwa 8000 aufgestellt sein sollen.

Quelle: ntv.de, AFP

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