Politik

"Keine Entwarnung" Weniger Schulden als geplant

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat trotz überraschend guter Haushaltszahlen eindringlich vor einem Ende des Sparkurses gewarnt. "Die gute Entwicklung bedeutet keineswegs Entwarnung", sagte Steinbrück bei der Vorlage des Haushalts für 2006. "Nach wie vor haben wir erhebliche Haushaltsprobleme."

Der Minister zeigte sich aber überzeugt, dass der Aufschwung "in das Jahr 2007 hineingetragen" werde, auch wenn die Mehrwertsteuererhöhung anfangs etwas dämpfen werde. Union und SPD mahnten weitere Konsolidierungsschritte an. Aus Sicht der Opposition gibt es angesichts immer noch hoher Schulden keinen Grund zum Jubeln.

2006 hat der Bund dank des Konjunkturaufschwungs und sprudelnder Steuereinnahmen mit 27,9 Milliarden Euro deutlich weniger neue Schulden gemacht als geplant. Die niedrigste Nettokreditaufnahme seit 2001 liegt weit unter den ursprünglich veranschlagten 38,2 Milliarden Euro. Die "spürbare" Verbesserung trug dazu bei, dass das Staatsdefizit mit 1,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nochmals niedriger ausfällt. Das Statistische Bundesamt hatte am Donnerstag eine Defizitquote von 2,0 Prozent genannt. Damit erfüllt Deutschland erstmals seit fünf Jahren wieder die Defizitkriterien des Euro-Stabilitätspaktes. Steinbrück geht davon aus, dass die EU-Kommission das Defizitverfahren noch im ersten Halbjahr einstellt.

An den Haushaltsproblemen in Deutschland habe sich angesichts eines Schuldenberges von mehr als 1.500 Milliarden Euro nichts geändert, warnte Steinbrück. Der Handlungsdruck sei genauso groß wie zum Start der großen Koalition. "Wir haben das Schuldentempo lediglich verringert -mehr nicht." Nach wie vor klaffe im Etat ein "strukturelles Defizit" von 38,9 Milliarden Euro, das 2006 nur durch neue Kredite sowie Privatisierungs- und Einmalerlöse ausgeglichen worden sei. Dabei hat Steinbrück unter anderem auf Grund des schwachen Telekom-Kurses Aktienverkäufe über die staatliche KfW Bankengruppe verschoben und damit "gezielt" auf weitere Milliarden verzichtet. Zudem sei eine Belastung von drei Milliarden Euro durch Mehrausgaben bei der Hartz-IV-Reform aufgefangen worden.

Steinbrück stellte einen stärkeren Abbau der Neuverschuldung als bisher geplant in Aussicht. Er wollte sich jedoch erneut nicht festlegen, wann der Bund einen ausgeglichenen Etat ohne neue Kredite vorlegt. 2008 aber müsse die Neuverschuldung "klar unter" den 19,6 Milliarden Euro liegen, die für dieses Jahr veranschlagt sind. Bisher war für 2008 -nach alten Planungen vom Sommer -eine Neuverschuldung von 21,5 Milliarden unterstellt worden, für 2010 von 20,5 Milliarden. Steinbrück deutete an, dass auch das Defizit von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialkassen 2007 stärker sinken könnte. "Ich glaube, dass wir die weitere Absenkung um 0,5 Prozentpunkte erbringen können." Die Finanzpläne sollen bis zum Juli überarbeitet werden.

Auch SPD-Chef Kurt Beck mahnte weitere Anstrengungen zur Konsolidierung der öffentlichen Kassen an. Die niedrigere Neuverschuldung bedeute "nicht, dass wir mehr Geld ausgeben können". Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Steffen Kampeter, forderte weitere deutliche Schritte beim Abbau der Neuverschuldung. "Wir wollen mittelfristig, also bis zum Ende der Legislaturperiode, einen weitgehend ausgeglichenen Staatshaushalt vorweisen können."

Aus Sicht der FDP gibt es "keinen Grund zu Jubelgesängen". Bei 27,9 Milliarden könne keine Entwarnung an der Verschuldungsfront gegeben werden, sagte der Finanzexperte Jürgen Koppelin. Auch für Gesine Lötzsch von der Linkspartei gibt es "keinen Grund, die Sektkorken knallen zu lassen". Steinbrücks Finanzpolitik und die seines Vorgängers hätten zu dramatischen Steuerausfällen geführt.

Quelle: ntv.de

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