Jung zum Afghanistan-Einsatz "Wer angreift, wird bekämpft"
24.06.2009, 07:11 UhrNach dem Tod von drei Bundeswehrsoldaten nahe Kundus wird die Debatte über den Einsatz in Afganistan wieder schärfer. Verteidigungsminister Jung sagt, er sehe keinen Krieg am Hindukusch. Der Wehrbeauftragte Robbe dagegen fordert hingegen ein "klares Bekenntnis".
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) setzt beim Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan weiterhin nicht allein auf militärische Mittel. Nur eine Kombination von militärischer Sicherheit und Wiederaufbau könne das Vertrauen der Menschen gewinnen, sagte Jung am Dienstagabend im ZDF. "Wir sind dort keine Besatzer." Leider gebe es "Situationen, wo unsere Soldaten auch kämpfen müssen", sagte er nur wenige Stunden nach dem Tod von drei Bundeswehrsoldaten bei einem Feuergefecht mit Taliban bei Kundus in Nord-Afghanistan.
Die Soldaten müssten laut Jung vier wichtige Funktionen erfüllen in diesem Einsatz: "Kämpfen, schützen, helfen und vermitteln". So könne ein langfristiger Stabilisierungsbeitrag für Afghanistan erreicht werden. Dies diene letztlich auch der Sicherheit in Deutschland, weil man dort terroristische Aktivitäten zurückdrängen könne. "Wer uns angreift, der muss wissen, dass er auch bekämpft wird", fügte Jung hinzu.
Robbe fordert klares Bekenntnis
Der Wehrbeauftragte der Bundeswehr, Reinhold Robbe forderte bei n-tv ein klares Bekenntnis zum Krieg in Afghanistan. "Der Mehrheit in unserem Lande ist ganz sicher nicht klar, was die Soldatinnen und Soldaten im Großraum Kundus insbesondere, aber auch in den anderen Stützpunkten in Afghanistan jeden Tag machen, was sie dort an wichtigen Dingen tun", so Robbe. Er habe mit hunderten Soldaten in Afghanistan gesprochen und sei aufgefordert worden, bei jeder sich bietenden Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass sich die Soldaten mehr moralische Unterstützung von ihren Mitbürgern erhoffen.
Robbe weiter: "Das Problem besteht darin, dass die Taliban, die Aufständischen, in der Lage sind, heute ihre Strategien tagtäglich anzupassen, zu verändern. Wir haben es heute mit der Anlage von Hinterhalten zu tun. Unsere Soldaten werden in stundenlange Gefechte verwickelt. Aber sie wehren sich. Sie haben die Möglichkeit, zurückzuschießen. Das tun sie. Dabei gibt es auch Opfer. Das wird hier bei uns im Lande kaum so widergespiegelt."
Tote waren erst kurz in Afghanistan
Drei Bundeswehrsoldaten waren am Dienstag in Nord-Afghanistan bei einem Feuergefecht mit Aufständischen in ihrem Panzer ums Leben gekommen. Eine Patrouille wurde nahe der Stadt Kundus von Terroristen angegriffen. Beim Rückwärtsfahren kam dabei ein Bundeswehr-Transportpanzer Fuchs von der Fahrbahn ab und überschlug sich. Drei Soldaten starben, weitere drei Männer wurden mit akuten Belastungsstörungen ins Lager Kundus gebracht, berichtete die Bundeswehr.
Alle drei getöteten Bundeswehrsoldaten stammen aus Ostdeutschland. Ein 23 Jahre alter Hauptgefreiter stamme aus Brandenburg, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Geltow mit. Bei den anderen beiden Soldaten handle es sich um einen 23 Jahre Obergefreiten aus Sachsen-Anhalt und einen 21-jährigen Hauptgefreiten aus Thüringen. Nach "Focus"-Informationen hatten die Soldaten ihren Dienst in Afghanistan erst vor kurzem angetreten.
"Der Einsatz ist richtig"
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), wies Überlegungen für eine veränderte Afghanistan-Strategie zurück. "Über grundlegende strategische Änderungen sollte man keineswegs ad hoc entscheiden", sagte Erler der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". "Der Einsatz ist richtig. Und wir sind mit den Amerikanern in engem Dialog, wie er noch wirksamer werden kann", fügte der Staatsminister hinzu.
Quelle: ntv.de, dpa