Politik

Wind der Veränderung beim Triell Wer kann beim Schlussstatement punkten?

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Fast zwei Stunden haben sie bereits debattiert, haben Fragen beantwortet, sich gegenseitig angegriffen und ihre Politik für die Zukunft umrissen. Doch zum Schluss des Triells von RTL und ntv bekommen die drei Kanzlerkandidaten Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz noch einmal freie Redezeit in jeweils einminütigen Statements. Es ist eine Gelegenheit, sich zu präsentieren, die eigenen Stärken zu betonen und um Stimmen zu werben - oder aber ins Fettnäpfchen zu treten. Vor allem Laschets Rede bleibt in Erinnerung.

Kinder und Aufbruch

Es startet, das war vorher vereinbart worden, Grünen-Chefin Baerbock. Sie tritt dafür vor das Pult, anders als die anschließenden beiden Redner. Das wirkt etwas ungelenk - war es spontan oder geplant? Vielleicht will sie damit mehr Nähe zu den Zuschauern herstellen, vielleicht auch einen Unterschied zur vorherigen Debatte signalisieren. Auf jeden Fall erinnert es an Laschet, der im Dezember am Ende seiner Bewerbungsrede um den CDU-Vorsitz neben das Pult getreten war. Der gelungene Auftritt hat ihm damals wohl den Sieg gebracht.

Doch Baerbocks Schritt nach vorn soll wohl auch das unterstreichen, was sie sagt: Sie spricht von einer Richtungswahl. Auf der einen Seite gebe es das "Weiter so" von CDU und SPD, "abwarten und wegducken", sagt sie und deutet auf Laschet und Scholz (vergisst aber die CSU). Die andere Möglichkeit sei ein "echter Aufbruch", weil Deutschland so viel mehr könne. Drei konkrete Themen nennt Baerbock: Sie will Kitas zu den "schönsten Orten" machen, gute Arbeit durch faire Löhne sichern sowie Leben und Freiheit durch "echten Klimaschutz" schützen.

Fazit: Baerbocks Schritt nach vorn sorgt kurz für Verwirrung, danach spricht sie aber offen und fehlerfrei. Sie bringt die grüne Programmatik auf den Punkt, ohne aber konkret zu werden. Sie wirbt für die Grünen als Partei der tiefgreifenden Veränderungen, stellt einen Gegensatz zu Union und SPD her - und nennt mit den Kindern einen Aspekt, bei dem sie schon im Debattenteil auch eigene Erfahrungen eingebracht hat. Allerdings ist auch klar, dass die Grünen, wenn sie regieren wollen, auf eine der regierenden Parteien angewiesen sein werden. Eine so klare Richtungswahl, wie Baerbock sagt, ist es eben doch nicht.

Respekt und Arbeit

Die "Zukunft unseres Landes" nennt auch SPD-Kandidat Scholz ganz am Anfang. Dann betont er Solidarität und Zusammenhalt der Gesellschaft in den Krisen der vergangenen Monate - das solle auch für die Zukunft gelten. Er nennt zwei Themen, die für ihn "von allergrößter Bedeutung" seien: Einerseits Respekt vor jedem und jeder, was er mit besseren Löhnen, höherem Mindestlohn und stabilen Renten verbindet. Andererseits spricht er von der Zukunft und Modernisierung des Landes. Der menschgemachte Klimawandel müsse aufgehalten werden, auch in Jahrzehnten müsste es noch "gute Arbeitsplätze" geben. "Dafür möchte ich der nächste Bundeskanzler sein und Ihnen dienen", sagt er an die Zuschauer gerichtet.

Fazit: Arbeit ist traditionell das zentrale Thema der Sozialdemokraten und auch Scholz betont es. Er spricht damit Stammwähler an oder jene, die er zur SPD zurückholen will. Mit dem höheren Mindestlohn nennt er zudem eine ganz konkrete Maßnahme, die er durchsetzen will. Damit inszeniert er sich auch als Macher mit Regierungserfahrung.

Doch noch etwas schwingt in Scholz' sehr nüchternem Statement mit: eine hanseatische Auffassung von Politik. Dass er den Menschen "dienen" wolle, sagt er, das strahlt Demut und einen gewissenhaften Arbeitsethos aus. Scholz unterstreicht damit das Image, das ihm ohnehin anhängt. Bisher ist er damit sehr gut gefahren.

Gegenwind und Stabilität

Als Letzter ist Laschet an der Reihe. Der CDU-Chef startet ungewöhnlich, indem er Baerbock zitiert. Diese habe einst gesagt, dass sie Laschets Standhaftigkeit bei Gegenwind schätze. "Das hat mich berührt, weil es ehrlich war und nicht vergiftet", sagt er. Er spricht vom derzeitigen Gegenwind gegen sich selbst und wechselt dann zum "Wind der Veränderung, der uns ins Gesicht bläst". In solchen Momenten brauche es Standhaftigkeit, Verlässlichkeit und einen inneren Kompass. Sein Angebot sei "Stabilität und Verlässlichkeit in schwierigen Zeiten". Das habe Deutschland geprägt von Konrad Adenauer über Helmut Kohl bis zu Angela Merkel. Das Team CDU wolle Stabilität sichern.

Fazit: Laschet muss sich viel Spott gefallen lassen nach dem Statement. Er verzichtet nicht nur als Einziger auf die Nennung wichtiger Themenfelder und spricht stattdessen abstrakt von Verlässlichkeit. Vor allem verheddert er sich aber im Bild des Windes. Einerseits verspricht Laschet Stabilität im "Wind der Veränderung", andererseits wirbt er seit Beginn seiner Kampagne um ein "Modernisierungsjahrzehnt" und fordert im Debattenteil etwa einen Bürokratieabbau. Will er sich also Veränderungen verweigern oder sie angehen? Das wird nicht ganz klar.

Im letzten Teil des Statements stellt sich Laschet dann aber geschickt in die Reihe erfolgreicher CDU-Kanzler. Das Bild von der Stabilität der CDU in der bundesrepublikanischen Geschichte soll Stammwähler binden, Unentschlossene überzeugen - und all jene, die vor allzu großen Veränderungen zurückschrecken. Laschet stellt sich hier explizit als Gegenpol vor allem der Grünen dar. Zudem spricht der Parteichef vom "Team CDU". Es wirkt, als fordere er Geschlossenheit, gerade jetzt in der Endphase des Wahlkampfs, nach all der Kritik an seinem Auftreten.

Quelle: ntv.de

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