Politik

Beginnt jetzt die Sanktionsspirale? Westen und Russland schenken sich nichts

Nur Minuten nach seiner Ansprache brach Obama an Bord eines Helikopters zu einer Reise nach Florida auf.

Nur Minuten nach seiner Ansprache brach Obama an Bord eines Helikopters zu einer Reise nach Florida auf.

(Foto: AP)

Aus Protest gegen die Abspaltung der Krim greift US-Präsident Obama zu härteren Mitteln gegen die russische Führung. Die EU kündigt ihrerseits weitere Strafen gegen Moskau an. Präsident Putin holt umgehend zum Gegenschlag aus.

In der Krim-Krise drohen die USA und Russland gegenseitig mit schmerzhaften Handelsbeschränkungen und Reiseverboten. US-Präsident Barack Obama machte den Weg frei für Sanktionen gegen Kernbereiche der russischen Wirtschaft und kündigte weitere Visasperren gegen prominente Russen an. Die Regierung in Moskau reagierte umgehend mit Einreiseverboten für amerikanische Spitzenpolitiker und erklärte, die Strafmaßnahmen würden die USA wie ein Boomerang treffen.

In Brüssel kündigten die Staats- und Regierungschefs der EU in einem demonstrativen Schulterschluss mit den USA ebenfalls Sanktionen an.

In Washington sagte Obama, die Reisebeschränkungen sollten über die am Montag bekanntgegebenen elf Russen und Ukrainer hinaus ausgeweitet werden. Betroffen seien Personen, die über erhebliche Ressourcen und Einfluss verfügten und die zu den Unterstützern der russischen Regierung zählten.

Sanktionen treffen Putins Machtzirkel hart

Mit auf der neuen Liste steht unter anderem der Chef der Staatsbahn, Wladimir Jakunin, Parlamentspräsident Sergej Naryschkin sowie der Putin-Berater Andrej Fursenko. Auch der Fraktionschef der kremlnahen Partei Gerechtes Russland, Sergej Mironow, sowie einige Abgeordnete der Staatsduma und des Föderationsrats sind betroffen. Es handle sich um "ziemlich hochrangige, wichtige und einflussreiche Mitglieder" der Exekutive und Legislative in Russland, hieß es aus Washington.

Der US-Präsident lässt keinen Zweifel zu. Man werde handeln und verhandeln.

Der US-Präsident lässt keinen Zweifel zu. Man werde handeln und verhandeln.

(Foto: dpa)

Sanktioniert wurden auch die Multimillionärs-Brüder Arkadi und Boris Rotenberg, die als enge Bekannte Putins gelten. Kreisen in Washington zufolge hatten sie im Zuge der Olympischen Spiele in Sotschi Verträge erhalten, die ihnen insgesamt rund sieben Milliarden US-Dollar (5,1 Milliarden Euro) in die Tasche gespielt haben sollen. Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny hatte Putins Freunden bereits milliardenschwere Bereicherung bei dem Sportereignis vorgeworfen.

Zu den Sanktionierten gehören auch der Putin-nahe Wirtschaftsmagnat Gennadi Timtschenko und der größte Aktionär der Bank Rossija, Juri Kowaltschuk. Zudem wurde das Guthaben der Rossija-Bank in den USA eingefroren. Die Bank soll ein Vermögen von rund zehn Milliarden US-Dollar und Konten bei Bankinstituten in den USA und Europa haben. "Russland muss wissen, dass es sich durch eine Eskalation nur weiter von der internationalen Gemeinschaft isoliert", sagte Obama.

Moskau kontert umgehend

Nur wenige Minuten nach Obamas Ankündigung veröffentlichte das Moskauer Außenministerium eine Liste mit neun US-Regierungsmitarbeitern und -Abgeordneten, die mit Visasperren belegt werden. Dazu zählen der stellvertretende nationale Sicherheitsberater Benjamin Rhodes sowie die führenden Abgeordneten John McCain, John Boehner, Harry Reid und Mary Landrieu. "Daran darf kein Zweifel herrschen: Wir werden angemessen auf jede feindliche Maßnahme reagieren", warnte das Außenministerium in Moskau. Man werde Entschädigungen verlangen, falls der geplante Kauf französischer Hubschrauberträger abgesagt werden sollte, meldete Interfax unter Berufung auf das russische Verteidigungsministerium.

"Das bedeutet wohl, dass meine Frühlingsferien in Sibirien ausfallen" - mit diesem ironischen Kommentar quittierte Senator McCain seine Aufnahme auf die russische Sanktionsliste. Außerdem müsse er nun seine Gazprom-Aktien verkaufen und sein "geheimes Bankkonto in Moskau" schließen. Auch andere US-Politiker zeigten sich unbeeindruckt von den Einreiseverboten. "Ich bin stolz, auf der Liste derjenigen zu sein, die sich Putins Aggression entgegenstellen", erklärte der republikanische Vorsitzende im Repräsentantenhaus, Boehner. Auch der Vorsitzende des Senatsausschusses für Auswärtige Beziehungen, Robert Menendez, trug die Sanktionen wie ein Ehrenabzeichen.

EU berät über Abhängigkeit vom Russen-Gas

Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte in Brüssel an, der EU-Gipfel werde ebenfalls Einreiseverbote und Kontensperren gegen prominenten Russen ausweiten. Es wurde damit gerechnet, dass etwa ein Dutzend weitere Personen auf die Sanktionsliste gesetzt werden. Darunter sollten auch Personen aus dem Umfeld des russischen Präsidenten Wladimir Putin sein. Bisher umfasst die Liste 21 Russen und Bewohner der Krim, gegen die Einreiseverbote und Kontensperren verhängt wurden.

Bei einer weiteren Verschärfung der Lage sei die EU auch zu konkreten Wirtschaftssanktionen bereit, sagte Merkel. Dies dürfte nach Einschätzung von Diplomaten allerdings erst geschehen, wenn russische Truppen auch in die Ost-Ukraine vordringen sollten. Nach den Worten von EU-Energiekommissar Günther Oettinger würden dann Strafmaßnahmen vorrangig für wichtige Technologiegüter gelten. Als Beispiele nannte er im ZDF Handelsbeschränkungen bei Maschinen, Anlagen, Hard- und Software oder bei Fahrzeugen. Der EU-Gipfel wollte auch beraten, wie der Staatenbund seine Abhängigkeit von russischen Gas- und Ölimporten reduzieren kann. Deutschland importiert etwa 40 Prozent seines Gases aus Russland.

Ukrainisches Kriegsschiff erstürmt

Auf der Krim, die sich nach dem Referendum vom Wochenende mittlerweile von der Ukraine losgesagt hat, will Russland seine Präsenz ausbauen. Nach einer Meldung der Agentur Itar-Tass sollen weitere Truppen auf die Halbinsel verlegt werden, um sich gegen jegliche Art von Bedrohung zu wappnen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow kündigte an, das rechtliche Verfahren zur Eingliederung der Krim in die Russische Föderation solle noch in dieser Woche abgeschlossen werden.

Am Abend haben rund 20 Bewaffnete auf der Krim damit begonnen, ein ukrainisches Kriegsschiff im Hafen von Sewastopol zu erstürmen. "Der Angriff hat begonnen", teilte der Sprecher des ukrainischen Verteidigungsministeriums auf der Schwarzmeer-Halbinsel, Wladislaw Selesnjow, mit. Das Kriegsschiff "Ternopil" war bereits seit Tagen umstellt.

EU sendet Signal an Kiewer Regierung

Bei dem EU-Gipfel wollen die europäischen Staats- und Regierungschefs der neuen ukrainischen Regierung den Rücken stärken. Für Freitag planen sie die Unterzeichnung des politischen Teils des Assoziierungsabkommens mit dem Land. Die EU macht damit den Weg frei für Finanzhilfen in Höhe von elf Milliarden Euro. Das Geld fließt allerdings erst dann in die Ukraine, wenn das Land eine Vereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds getroffen hat. Die EU will zudem die Einfuhrzölle für zahlreiche ukrainische Produkte streichen.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP/rts

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