Gezielte Tötung in Afghanistan Westerwelle: Das ist legal
04.08.2010, 17:12 UhrDie Debatte über die gezielte Tötung von Aufständischen durch eine US-Einheit in Afghanistan geht weiter. Außenminister Westerwelle verweist darauf, dass eine gezielte Bekämpfung möglich ist. Er warnt, dass die Sicherheitslage am Hindukusch noch schlechter werden könnte.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat die gezielte Tötung von Aufständischen im Afghanistan-Krieg verteidigt. Die Rechtslage sei hier eindeutig, sagte der Vizekanzler in Berlin. "Diesbezüglich geht es nicht um Legitimität, sondern um Legalität. Wir müssen wissen, dass gegnerische Kämpfer in einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt in dem vom Völkerrecht gesteckten humanitären Rahmen gezielt bekämpft werden können und auch dürfen."
Er habe als erster Politiker auf diese Qualifizierung des Afghanistan-Einsatzes hingewiesen, betonte der FDP-Chef. "Ob es uns gefällt oder nicht, so ist die Lage", fügte er hinzu. Es gehe darum, die Sicherheit des Landes und die der deutschen Soldaten zu schützen.
In der vergangenen Woche hatte bereits das Verteidigungsministerium erklärt, die gezielte Tötung von Gegnern sei nach dem Regelwerk der NATO für den Einsatz der internationalen Schutztruppe ISAF vorgesehen. Allerdings habe sich die Bundeswehr die Selbstbeschränkung auferlegt, sich nicht an gezielten Tötungen von Taliban-Führern zu beteiligen. Sie arbeiten an der Erstellung von NATO-Fahndungslisten mit, die auch in ISAF-Operationen - möglicherweise mit gezielten Tötungsabsichten - münden können. Bei deutschen Soldaten geht es laut Ministerium nur um Gefangennahme.
"Zähne in das Fleisch des Feindes rammen"
Westerwelle distanzierte sich zugleich von der Wortwahl des Oberkommandierenden der ausländischen Truppen in Afghanistan, US-General David Petraeus. Der ISAF-Kommandeur hatte in einem Truppenbefehl in martialischer Sprache betont, der "Feind" in Afghanistan müsse ohne Unterlass verfolgt werden. "Zusammen mit unseren afghanischen Partnern müssen wir unsere Zähne in das Fleisch der Aufständischen schlagen und nicht mehr lockerlassen." Dies wäre nicht seine Wortwahl gewesen, sagte Westerwelle. Der Weisungskatalog wendet sich auch an die Bundeswehrsoldaten im ISAF-Einsatz.
Presseberichten zufolge belegen die von der Website WikiLeaks veröffentlichten Geheimdokumente zu Afghanistan gezielte Tötungen von Rebellen durch die US-Spezialeinheit Taskforce 373.
Der Außenminister pochte auch mit Blick auf die schonungslosen Leitlinien von General Petraeus auf eine politische Lösung. "Afghanistan kann nur dann erfolgreich von uns mit all den Herausforderungen bewältigt werden, wenn wir eindeutig eine politische Lösung anstreben und wollen."
Seine "sehr ernste Betrachtung der Sicherheitslage" habe sich nicht verändert, so Westerwelle; und sie könnte sich weiter verschlechtern. Er hält es dennoch für realistisch, dass ein Teil der Verantwortung wie geplant an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeht. Derzeit würden nur 8 von mehr als 100 Distrikten im Norden als besonders gefährdet eingestuft. Zudem gebe es den Vorbehalt, dass die Voraussetzungen für die Übergabe auch zutreffen müssten.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts