Politik

Ukrainische Opposition erhält Druck aufrecht Westerwelle steht Klitschko zur Seite

"Wir sind als Europäer zu Europäern gekommen", erklärte Westerwelle in Kiew und wies die Kritik Russlands an einer "Einmischung" des Westens in der Ukraine zurück.

"Wir sind als Europäer zu Europäern gekommen", erklärte Westerwelle in Kiew und wies die Kritik Russlands an einer "Einmischung" des Westens in der Ukraine zurück.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die ukrainische Regierung wird vom Parlament im Amt bestätigt, doch die Proteste in Kiew halten an. Die Oppositionellen um Vitali Klitschko erreichen zuletzt gar den Abbruch einer Sitzung. Bundesaußenminister Westerwelle sichert den Demonstranten derweil Europas Unterstützung zu.

Mit einer Dauerblockade des ukrainischen Parlaments will die prowestliche Opposition um Box-Weltmeister Vitali Klitschko den Machtwechsel erzwingen. Einen Tag nach dem gescheiterten Mißtrauensvotum gegen die Regierung besetzte der Boxweltmeister mit Abgeordneten das Rednerpult und erzwang so einen Abbruch der Sitzung.

"Wir werden das Parlament solange blockieren, bis die Regierung zurückgetreten und Julia Timoschenko freigelassen ist", sagte Arseni Jazenjuk von der Partei der inhaftierten Ex-Regierungschefin. Mehr als 15.000 Demonstranten protestierten im Zentrum der Hauptstadt erneut gegen Regierungschef Nikolai Asarow.

Der amtierende Bundesaußenminister Guido Westerwelle reiste zu einem Treffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Kiew an. Er traf sich mit Vertretern der Opposition, darunter Klitschko und Jazenjuk. "Wir sind als Europäer zu Europäern gekommen", sagte er bei dem Treffen. Das Angebot eines Assoziierungsabkommens stehe weiterhin. "Wir wollen die Ukraine an Bord Europas", sagte Westerwelle und unterstrich, dass den Europäern das Schicksal der Ukraine nicht gleichgültig sei. Er besuchte auch den Unabhängigkeitsplatz "Majdan", das Zentrum der Proteste.

Die drei ukrainischen Ex-Präsidenten Leonid Krawtschuk, Leonid Kutschma und Viktor Juschtschenko erklärten in einer gemeinsamen Miteilung ihre Unterstützung der Opposition und ihre "Solidarität mit friedlichen Aktivitäten hunderttausender junger Ukrainer". Sie warnten dabei auch vor Gefahren für den Bestand der Ukraine durch die sich entwickelnde "tiefe politische Krise".

Westerwelle weist Russlands Kritik zurück

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte den Westen vor einer Einmischung in dem krisengeschüttelten Nachbarland. Er kritisierte, dass die Nato am Vortag in einer Erklärung die Gewalt in der Ukraine verurteilt habe - das gebe ein völlig "verzerrtes Bild" der Lage. "Wir rufen dazu auf, dass sich niemand in diese Situation einmischt", sagte er in Brüssel. Das von Protesten erschütterte Land müsse seine "verfassungsmäßige Ordnung" wiederherstellen. Der Staat habe das Recht, gegen aggressive Demonstranten vorzugehen, sagte Lawrow.

Außenminister Westerwelle verwehrte sich gegen die Kritik aus Moskau. "Wir Europäer lassen uns von niemandem vorschreiben, wie wir zueinanderfinden und ob wir zueinanderfinden", sagte der FDP-Politiker. Bereits vor seiner Abreise nach Kiew hatte Westerwelle in Brüssel gesagt, dass es "eine zutiefst europäische Angelegenheit" sei, "was wir in der Ukraine beobachten". Hier müsse "sich Europa kümmern, denn es geht hier auch um Europa". US-Außenminister John Kerry sagte bei einem Besuch in Moldau, die Ukrainer verdienten es, ihre "eigene Zukunft selbst zu wählen".

Doch auch die ukrainische Regierung verschärfte zuletzt den Ton. Bei der ersten Kabinettssitzung seit Beginn der Proteste drohte Regierungschef Asarow den Demonstranten in Kiew mit einer härteren Gangart. Wer gegen Gesetze verstoße, werde bestraft. Er forderte den Westen auf, die Proteste nicht anzuheizen. "Das Parlament hat uns das Vertrauen ausgesprochen - diese Tatsache müssen die Opposition und das Ausland anerkennen", sagte Asarow.

Der ukrainische Vizeregierungschef Juri Bojko führte unterdessen in Russland Gespräche über eine engere Zusammenarbeit beider Länder. Mit Ministerpräsident Dmitri Medwedew verhandelte er unter anderem über einen Rabatt für russische Gaslieferungen an die finanziell angeschlagene Ukraine. Ende der Woche wird auch der ukrainische Staatschef Viktor Janukowitsch in Russland erwartet.

Timoschenko-Tochter prangert Polizeigewalt an

Derzeit hält sich Janukowitsch in China auf, um mit der Führung dort über Investitionen in die Wirtschaft der Ex-Sowjetrepublik zu verhandeln. Er hatte zuvor seine Unterschrift unter ein fertig ausgehandeltes Partnerschaftsabkommen mit der EU verweigert, weil er politische Spannungen mit dem mächtigen Nachbarn Russland fürchtet.

Die Tochter der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko warf der Regierung in Kiew unterdessen "schwere Polizeigewalt" vor. "Sie wurde von den Anhängern des Präsidenten organisiert. Sie haben junge Leute verprügelt, die sich an friedlichen Protesten beteiligt haben", sagte Jewgenija Timoschenko der Deutschen Welle. Die Regierung nehme den jungen Ukrainern die "Perspektiven als Teil Europas".

Auf dem Majdan in Kiew setzten Tausende prowestliche Ukrainer die 13. Nacht in Folge bei Temperaturen unter null Grad ihre Proteste fort. Die Demonstranten hielten noch immer mehrere Gebäude in der Hauptstadt besetzt. Die Proteste richten sich gegen eine Abkehr des Landes von einem EU-Kurs.

Quelle: ntv.de, vpe/dpa

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