"Menetekel für die Freiheit in Europa" Westerwelle warnt Dänemark
15.06.2011, 14:37 Uhr
Scheinbar gute Stimmung: Espersen und Westerwelle waren trotz aller Differenzen um Entspannung bemüht.
(Foto: dpa)
Außenminister Westerwelle warnt die dänische Regierung davor, mit den Grenzkontrollen Europas Einigung zu gefährden. "Die Reisefreiheit ist eine tragende Säule der EU und muss in vollem Umfang erhalten bleiben", sagt er bei einem Treffen mit seiner Amtskollegin Espersen. Sie verspricht, dass der Personenverkehr nicht vollständig kontrolliert werden soll.
Deutschland und Dänemark bemühen sich im Streit um dänische Grenzkontrollen zwar um eine Annäherung, können den Konflikt aber nicht beilegen. Die dänische Außenministerin Lene Espersen sagte ihrem deutschen Amtskollegen Guido Westerwelle in Berlin bei einem Treffen zwar zu, dass es auch künftig keine regelmäßigen Personenkontrollen geben werde. Sie verteidigte aber zugleich die Pläne für Zollkontrollen, für die auch Grenzgebäude aufgebaut werden sollen.
Westerwelle warnte seinerseits davor, dass diese Kontrollen "zu einem Menetekel für die Freiheit in Europa werden" könnten. Man müsse aufpassen, dass durch die Grenzkontrollen und andere Fragen am Ende nicht Europa auf der Strecke bleibe, sagte Westerwelle. In dieser Frage gebe es noch weiteren Gesprächsbedarf. "Die Reisefreiheit ist eine tragende Säule der EU und muss in vollem Umfang erhalten bleiben", sagte Westerwelle.
Nicht alle Autos kontrolliert
Espersen versicherte, die Maßnahmen würden nicht gegen das Schengen-Abkommen verstoßen, in dem die Abschaffung der stationären Grenzkontrollen geregelt ist. Dänemark plane keine ständigen Personen- oder Passkontrollen. Die Zollkontrollen an den Grenzen sollten dem Schutz vor Kriminalität dienen, etwa dem Schmuggel von Drogen oder Waffen. Dänemark plane keine Errichtung einer Berliner Mauer, versicherte die Ministerin. Espersen erklärte, nicht alle Wagen sollten an der Grenze gestoppt werden.
Westerwelle erinnerte an die Zeit, als in Europa Grenzübertritte vielfach nur nach stundenlangen Wartezeiten möglichen waren. Dies sei durch die Reisefreiheit innerhalb der Schengen-Staaten abgeschafft worden. "Das ist ein so kostbares Gut, das wollen wir auf keinen Fall riskieren." In Kreisen des Auswärtigen Amtes hieß es, Westerwelle habe im Gespräch mit Espersen die Einrichtung mobiler Zollkontrollen als Möglichkeit zur Entspannung der Situation ins Spiel gebracht.
Die dänische Minderheitsregierung hat vergangenen Freitag erklärt, über eine hauchdünne Ein-Stimmen-Mehrheit für ihre Pläne im Parlament zu verfügen. Die rechtspopulistische Dänische Volkspartei verlangt für ihre Zustimmung zu den Haushaltsplanungen der Regierung die Wiedereinführung der Grenzkontrollen. Die Volkspartei ist zwar nicht an der Regierung beteiligt, toleriert aber eine Koalition aus Konservativen und Liberalen. Das Vorhaben zur Wiedereinführung der Kontrollen - etwa an der Grenze zu Schleswig-Holstein - stößt europaweit auf Kritik.
Quelle: ntv.de, dpa/rts