Zschäpe entzieht Anwälten Vertrauen Wie geht es jetzt weiter im NSU-Prozess?
17.07.2014, 10:24 Uhr
Zschäpe am Morgen des 128. Verhandlungstages.
(Foto: dpa)
Beate Zschäpe muss begründen, warum sie ihren drei Pflichtverteidigern das Vertrauen entzogen hat. Ursprünglich hatte sie dafür bis Donnerstag 14 Uhr Zeit. Diese Frist wurde jedoch bis Freitag verlängert. Doch außer dieser gibt es noch weitere offene Fragen. Hier die wichtigsten Antworten.
Zschäpe entzieht ihren Verteidigern das Vertrauen. Wie geht es jetzt weiter?
Bis Freitag hat Beate Zschäpe die Möglichkeit, eine schriftliche Begründung dafür einzureichen, warum das Vertrauen zu ihren Verteidigern Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm plötzlich "endgültig und nachhaltig gestört" ist. Für die Formulierung dieser Begründung kann sie die Hilfe eines Rechtsbeistandes in Anspruch nehmen. Anschließend bekommen Zschäpes Verteidiger Gelegenheit, sich zu den Überlegungen ihrer Mandantin zu äußern. Die Sitzungsvertreter des Generalbundesanwaltes werden dann ebenfalls eine Stellungnahme zu dem Antrag von Zschäpe abgeben. Aufgrund dieser Stellungnahmen wird das Gericht dann entscheiden, ob Zschäpes Pflichtverteidiger entpflichtet werden.
Wie ist Zschäpe zu ihren Verteidigern gekommen?
Bei Heer, Stahl und Sturm handelt es sich zwar um vom Gericht bestellte Pflichtverteidiger, Zschäpe blieb jedoch die Entscheidung überlassen, wen sie dafür auswählt. Bei der Bundesanwaltschaft wird darauf verwiesen, dass alle drei Anwälte Zschäpes persönliche Wahl gewesen seien.
Wie wahrscheinlich ist eine Entpflichtung?
Die Gerichte tun sich schwer damit, Pflichtverteidiger von ihrer Aufgabe zu befreien. Nach Angaben eines Sprechers der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ist eine Entpflichtung der drei Pflichtverteidiger Zschäpes durch das Gericht nur möglich, wenn das Vertrauensverhältnis "endgültig und nachhaltig erschüttert" wäre. Das zu belegen dürfte für Zschäpe nach 128 Verhandlungstagen und einer langen Vorbereitungszeit für das Verfahren schwierig werden. Entsprechende Anträge der Angeklagten sind in großen Strafverfahren durchaus üblich, ihnen wird aber nur in seltenen Ausnahmefällen stattgegeben.
Was könnte der Grund sein, warum Zschäpe ihre Verteidiger loswerden will?
Es gibt verschiedene Mutmaßungen. Zum einen wird seit Längerem vermutet, dass Zschäpe eigentlich aussagen will, ihre Verteidiger aber die Schweigestrategie verfolgen. Zum anderen könnte der bisherige Prozessverlauf darauf hindeuten, dass die Vorwürfe gegen Zschäpe eher bewiesen als widerlegt werden. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung Zschäpes und möglicherweise auch die Unzufriedenheit mit ihren Anwälten.
Platzt mit einer Entpflichtung der NSU-Prozess?
Mehrere Prozessbeteiligte werteten den Vorfall als außerordentlich ernst für den Fortgang des Prozesses. Sollte das Gericht Zschäpes Begründung akzeptieren und ihre Verteidiger entpflichten, müssten anschließend neue Anwälte engagiert werden. Die aber bräuchten ausreichend Zeit, um sich in die umfangreichen Akten einzulesen. Länger als 30 Tage darf die Verhandlung aber nicht unterbrochen werden. Ansonsten müsste er von vorn begonnen werden.
Könnte es nach einer Misstrauensbekundung auch einfach weitergehen?
Belässt das Gericht trotz Zschäpes Antrag die Verteidiger in ihrer Funktion, steigt das Risiko für eine Revision möglicherweise erheblich. Dafür müsste sich allerdings belegen lassen, dass Zschäpe aufgrund des belasteten Verhältnisses nicht mehr nach den gesetzlichen Standards verteidigt wurde.
Wann wird der Prozess fortgesetzt?
Der Pressemitteilung des Gerichts zufolge wurde die Befragung des Zeugen Tino Brandt lediglich unterbrochen und der Termin am 17. Juli abgesetzt. Die Verhandlungstermine der kommenden Woche blieben zunächst unberührt. Möglicherweise gibt Richter Götzl also am Dienstag bereits seine Entscheidung bekannt. Vom 6. August bis zum 4. September ist für den NSU-Prozess dann sowieso offizielle Sommerpause.
Quelle: ntv.de, sba