Politik

"Ambivalente Lebenswelten" Wie integriert sind Muslime?

Teilnehmerinnen des "Zukunftsdialoges" in Erfurt - bei dem Kanzlerin Merkel über das Zusammenleben in Deutschland redete.

Teilnehmerinnen des "Zukunftsdialoges" in Erfurt - bei dem Kanzlerin Merkel über das Zusammenleben in Deutschland redete.

(Foto: dpa)

"Es gibt zahlreiche Lebenswelten in Deutschland", heißt es in einer Studie zu Muslimen in Deutschland. Einige akzeptieren den Ergebnissen zufolge Gewalt und sind "ohne Integrationstendenz". Ressortchef Friedrich zeigt sich besorgt. Von der Opposition kommt Kritik an der Methodik und der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz der Migranten, die zu "Abwehrhaltungen" führe.

Aus einer Studie im Auftrag des Bundesinnenministeriums geht hervor, dass ein Viertel der Muslime zwischen 14 und 32 Jahren, die keinen deutschen Pass haben, nicht bereit ist, sich zu integrieren. Sie könnten bezeichnet werden als streng religiös, "mit starken Abneigungen gegenüber dem Westen, tendenzieller Gewaltakzeptanz und ohne Integrationstendenz", heißt es in der Untersuchung.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) äußerte sich besorgt über die Ergebnisse der neuen Studie. "Wer Freiheit und Demokratie bekämpft, wird hier keine Zukunft haben", erklärte Friedrich anlässlich der Vorstellung der Untersuchung. Skeptisch über die Studie äußerten sich Politiker der Opposition.

In "Lebenswelten junger Muslime" im Auftrag des Innenministeriums heißt es, 78 Prozent der befragten Muslime im Alter zwischen 14 und 32 Jahren seien zur Integration bereit, 22 Prozent betonten dagegen eher die eigene Herkunftskultur. Von den nichtdeutschen Muslimen befürworteten sogar nur 52 Prozent die Integration in die deutsche Gesellschaft, während 48 Prozent "starke Separationsneigungen" zeigten.

"Ambivalente Lebenswelten"

Die beteiligten Forscher der Universitäten Jena und Bremen sowie weiterer Forschungsinstitute kommen auch zu dem Schluss, dass es eine Gruppe unter den jungen Muslimen gibt, die als "streng Religiöse mit starken Abneigungen gegenüber dem Westen, tendenzieller Gewaltakzeptanz und ohne Integrationstendenz" bezeichnet werden könne. Zu dieser Gruppe wurden 15 Prozent der jungen deutschen Muslime und 24 Prozent der nichtdeutschen gerechnet.

"Es gibt nicht eine muslimische Lebenswelt in Deutschland, sondern zahlreiche ambivalente", lautet eine Schlussfolgerung der Studie. Eine Mehrheit der Muslime distanziere sich deutlich von islamistischem Terrorismus, erlebe aber umgekehrt eine Pauschalverurteilung von Muslimen als Terroristen. Die Rede ist hier von einer zumindest subjektiv wahrgenommenen "gruppenbezogenen Diskriminierung".

"Deutschland achtet die Herkunft und kulturelle Identität seiner Zuwanderer. Aber wir akzeptieren nicht den Import autoritärer, antidemokratischer und religiös-fanatischer Ansichten", erklärte dazu Friedrich.

"Schlagzeilen, keinerlei Erkenntnisse"

Kritik an der Studie kam aus SPD, FDP und Grünen. "Ich muss mich schon wundern, dass das Bundesinnenministerium erneut Steuergelder darauf verwendet, eine Studie zu finanzieren, die Schlagzeilen produziert, aber keinerlei Erkenntnisse", sagte der FDP-Integrationsexperte Serkan Tören der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ). Auch gehe es bei jungen Gewalttätern um "soziale Fragen und nicht um religiöse". Das religiöse Bekenntnis sei vielfach "eine leere Hülle", die auch mit "Provokation und kultureller Abgrenzung" zu tun habe.

"Wer Muslime nur unter ihrem Nutzen der Gefahrenabwehr bemisst und sonst nicht müde wird, ihnen zu erklären, dass der Islam nicht Teil unserer Gesellschaft ist, darf sich darüber nicht wundern, wenn dies zu Abwehrhaltungen führt", erklärte Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck. Zuvor hatte bereits die stellvertretende SPD-Vorsitzende Aydan Özoguz den methodischen Ansatz der Studie kritisiert.

Als "erschreckend" wertete der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl die Ergebnisse der Untersuchung. "Diese Integrationsverweigerung muss nicht, aber kann den Nährboden für religiösen Fanatismus und Terrorismus darstellen", sagte er der "NOZ".

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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