Spionageabwehr gegen USA geplant Wie sich Deutschland wehren kann
07.07.2014, 13:50 Uhr
Die US-Botschaft in Berlin ist auch ein Stützpunkt für die Geheimdienste CIA und NSA.
(Foto: REUTERS)
Bislang ist die US-Botschaft für deutsche Geheimdienste tabu. Gleichzeitig taucht aber ein CIA-Informant im BND auf. Die Deutschen wollen nun gegensteuern.
Es war eine einzige Mail an ein russisches Konsulat, mit der ein BND-Mitarbeiter ins Visier geriet. Der Verfassungsschutz, also der deutsche Inlandsgeheimdienst, hatte offenbar gut aufgepasst. Was ihm nicht aufgefallen war: dass der gleiche Mann schon seit anderthalb Jahren mit der CIA zusammenarbeitete. Auch damals hatte er einfach eine E-Mail geschrieben und seine Dienste angeboten – ohne dabei Aufmerksamkeit zu erregen.
Der Fall zeigt, wie unterschiedlich die deutschen Geheimdienste mit Botschaften hierzulande umgehen. Gleichzeitig könnte er eine Änderung dieser Praxis auslösen.
Der Unterschied, der zwischen "Freunden" wie den USA und "Feinden" wie China und Russland gemacht wird, ist ganz grundsätzlich: Die Kommunikation der Feinde wird komplett aufgezeichnet. Das Abfangen einer E-Mail wie der des Informanten aus dem BND gehöre zum Kernauftrag des Verfassungsschutzes, sagt der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom zu n-tv.de. Sie mitzulesen ist technisch unproblematisch.
Technische und menschliche Überwachung
Anders ist das bei der Kommunikation mit den Außenministerien in Moskau oder Peking, die teilweise per E-Mail, teilweise über Funk abläuft. Diese ist nämlich verschlüsselt und wird vom Verfassungsschutz mit hohem Aufwand wieder entschlüsselt. "Unter der Hand heißt es, dass man die russische Kryptografie knacken kann", sagt Schmidt-Eenboom. Gleiches gilt wohl auch für die Technik von Nordkorea und Iran, vielleicht auch der von China.
Zusätzlich zu dieser technischen Aufklärung gibt es die menschliche Aufklärung. Dabei werden Informanten aus der Botschaft angeworben und es wird ermittelt, welche Mitarbeiter tatsächlich Diplomaten sind und wer in Wirklichkeit im Auftrag eines Geheimdienstes arbeitet. Diese Personen werden dann genauer überwacht.
Die Amerikaner bleiben in Deutschland dagegen unbehelligt – wie andere Nato-Staaten auch. Zwar dürften sie nach geltendem Recht genauso ausspioniert werden wie andere Botschaften. Die Geheimdienste wurden bislang aber wohl immer vom jeweiligen Bundeskanzler zurückgehalten. Offenbar vertrauten die Deutschen lange darauf, dass diese Rücksicht auf Gegenseitigkeit beruht.
Schon im Zuge der Enthüllungen durch Edward Snowden wurde allerdings klar, dass die US-Geheimdienste keine Grenzen kennen. Auch "befreundete" Staaten wurden flächendeckend überwacht. Die Zusagen der USA, künftig nicht mehr die Handys von Bundespräsident und Bundeskanzlerin anzuzapfen, machte vor allem deutlich, was weiterhin überwacht wird: zum Beispiel die Telefone von Ministern, Abgeordneten und Ermittlern.
"Das würden die Deutschen nie tun"
Trotzdem hat der neue Fall eine andere Dimension. Dass die Amerikaner einen Informanten innerhalb eines deutschen Geheimdienstes bezahlen, findet auch Experte Schmidt-Eenboom ungewöhnlich, zumal der Mann auch der CIA merkwürdig vorgekommen sein musste. Zu erwarten wäre gewesen, dass die CIA das Angebot geheimer Unterlagen dem BND meldet. Stattdessen beauftragte sie den Mann sogar, Informationen über den NSA-Untersuchungsausschuss zu sammeln.
Nun ist im Gespräch, auch die vermeintlichen Freunde zumindest einer Grundüberwachung zu unterziehen. Entsprechende Überlegungen sind bereits in ein Konzeptpapier des Innenministeriums eingegangen. Minister Thomas de Maizière sagt, dass die Spionageabwehr ausgebaut werden müsse. Dabei geht es wohl erst einmal nur um die Überwachung der unverschlüsselten Kommunikation.
Die Kontakte zwischen US-Botschaft und US-Außenministerium dürfen weiter tabu sein. Denn erstens soll die Verschlüsselungstechnik der Amerikaner wesentlich schwerer zu knacken sein als die der Russen. Und zweitens würde der Versuch nicht unentdeckt bleiben. Ebenso tabu wäre Gegenspionage, also das Infiltrieren der US-Geheimdienste durch eigene Agenten und Informanten. "Das würden die Deutschen nie tun", sagt Schmidt-Eenboom – obwohl es genau das ist, was die Amerikaner mit den Deutschen taten.
Quelle: ntv.de