Politik

Klöster werden "Sperrgebiete" Wieder Schüsse in Birma

Die Lage in Birma bleibt explosiv: In der Metropole Rangun gingen die Sicherheitskräfte den dritten Tag in Folge mit Gewalt gegen tausende Demonstranten vor. Westliche Diplomaten bestätigten, dass dabei erneut Schüsse fielen. Nach Angaben einer schwedischen Diplomatin starben bis zu 35 Menschen.

Die Botschaftsvertreterin Lieselott Agerlid sagte der Zeitung "Svenska Dagbladet": "Es gab wesentlich mehr Tote als gestern." Ein von Schwedens Außenministerium als glaubwürdig eingestufter Augenzeuge habe berichtet, dass die Leichen von 35 Menschen eingesammelt worden seien.

Klöster gesperrt

Die Sicherheitskräfte erklärten fünf Pagoden und Klöster in Rangun zu "Sperrgebieten". Damit will die Militärdiktatur weitere Demonstrationen unterbinden. Zu den gesperrten Gebäuden gehören auch die Shwedagon- und die Sule-Pagode, von denen die friedlichen Protestmärsche der Mönche ihren Ausgang genommen hatten.

Am Mittag hatten sich erneut mehrere hundert Demonstranten in der Nähe der Sule-Pagode versammelt. Die US-Geschäftsträgerin in Rangun, Shari Villarosa, sagte dem Nachrichtensender CNN, in der Stadt seien weniger Demonstranten auf den Straßen als am Vortag.

Gruppen von jeweils Hunderten Bürgern beschimpften in Rangun die Sicherheitskräfte, die das Stadtzentrum hermetisch abgeriegelt hatten. "Wir wollen nur Demokratie", riefen sie in Sprechchören. Die Protestierer flüchteten vor den vorrückenden Soldaten in Seitenstraßen. Gelegentlich wurden Schüsse abgegeben.

Internetverbindungen gekappt

Um die Übermittlung von Texten, Fotos und Videos an die Außenwelt zu verhindern, schnitt die Militärregierung offenbar den Zugang zum Internet ab. Internet-Cafes blieben am Freitag geschlossen. Der Auskunftsdienst des größten Internet-Anbieters war telefonisch nicht mehr zu erreichen. Bürger-Journalisten gehören zu den Hauptinformanten über die Demokratiebewegung und die Niederschlagung der Proteste in den vergangenen Tagen. Die weit verbreitete Nutzung moderner Technologien durch die Demonstranten und die Opposition ist einer der größten Unterschiede zur Protestbewegung von 1988, als es Tage dauerte, bis Berichte über um sich schießende Soldaten an die Weltöffentlichkeit gelangten. Damals waren schätzungsweise 3.000 Menschen ums Leben gekommen.

Nach offiziellen birmanischen Angaben waren am Mittwoch und Donnerstag zehn Menschen bei den Protesten getötet worden, darunter ein japanischer Pressefotograf. Westliche Diplomaten in Rangun gehen indes davon aus, dass die Zahl der Opfer tatsächlich wesentlich höher liegt. Der australische Botschafter Bob Davis sagte dagegen, die Zahl müsse mehrmals multipliziert werden, damit sie stimmt.

UN-Beauftragter in Birma erwartet

Der UN-Sonderbeauftragte Ibrahim Gambari, der sich um eine Entschärfung der Lage bemühen soll, wird an diesem Samstag in Birma erwartet. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief in New York die Militärjunta zu einem "konstruktiven Dialog" mit Gambari auf. Die Machthaber sollten den Weg zu einer "friedlichen" und "nationalen Aussöhnung" beschreiten.

Die USA verlangten von der Militärjunta, Gambari müsse alle Konfliktparteien treffen können. Dazu zählten auch die religiösen Führer der Buddhisten, Verhaftete und die seit Jahren unter Hausarrest stehende Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.

Nach dem Tod des japanischen Fotografen bei den Protesten erwägt die Regierung in Tokio, die humanitäre Hilfe für Birma einzustellen. Man erwarte von dem Land eine vollständige Aufklärung der Hintergründe des Todes, sagte ein japanischer Regierungssprecher am Freitag. Anschließend wolle die Regierung über ein Ende der Hilfszahlungen entscheiden. Ministerpräsident Yasuo Fukuda kündigte an, einen Gesandten nach Birma zu schicken. Wie bereits US-Präsident George W. Bush forderte Fukuda China auf, seinen Einfluss auf die Militärjunta Birmas mit dem Ziel einer friedlichen Lösung geltend zu machen. China unterhält zu seinem Nachbarland Birma enge wirtschaftliche und politische Kontakte und verhindert im Sicherheitsrat eine scharfe Verurteilung der Diktatur.

Deutschland und mehrere andere Staaten verlangten wegen der Lage in den südostasiatischen Land eine Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrats. Das Vorgehen der Militärregierung gegen friedliche Demonstranten sei auf das Schärfste zu verurteilen, erklärte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke, zur Begründung.

Quelle: ntv.de

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