Gesetz für Patientenverfügungen Wille des Patienten gilt
18.06.2009, 16:59 UhrFür Patientenverfügungen gibt es erstmals eine gesetzliche Grundlage. Die vom Bundestag nach langjähriger Debatte verabschiedete Regelung soll mehr Rechtsklarheit bringen. Eine Missachtung der Verfügung gilt als Körperverletzung. Aktive Sterbehilfe wird es weiterhin nicht geben.
Der vorab formulierte Wille eines Patienten für den Fall schwerer Erkrankungen soll in Zukunft weitgehend gelten. Auch die Anordnung, lebenserhaltende Maßnahmen zu beenden, muss grundsätzlich befolgt werden. Die Gültigkeit der bereits neun Millionen Patientenverfügungen wird durch das neue Gesetz nicht in Frage gestellt. Sie müssen nicht neu gefasst werden.
Der Vorschlag einer Gruppe um den SPD-Abgeordneten Joachim Stünker erhielt 317 Stimmen der 555 abgegebenen Stimmen. 233 Parlamentarier votierten dagegen. Fünf enthielten sich. Gegenmodelle von anderen Gruppen um die stellvertretenden Unions-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Bosbach (CDU) und Wolfgang Zöller (CSU) fanden in der namentlichen Abstimmung keine Mehrheit. Keine Mehrheit fand zudem ein Antrag mehrerer Abgeordneter, auf eine gesetzliche Neuregelung zu verzichten.
Nach dem Entwurf können Volljährige in einer schriftlichen Verfügung im Voraus festlegen, ob und wie sie später behandelt werden wollen, wenn sie am Krankenbett ihren Willen nicht mehr selbst äußern können. Der Betreuer oder der Bevollmächtigte muss gegenüber den Ärzten dafür sorgen, die Verfügung durchzusetzen. Voraussetzung ist aber, dass die Erklärung auch die tatsächliche Behandlungssituation überhaupt erfasst.
Patientenverfügungen sollen Ärzten und Betreuern Hinweise für die medizinische Behandlung geben, wenn ein schwer erkrankter Patient sich nicht mehr selbst äußern kann. Beispielsweise können Menschen erklären, ob sie nach einem Unfall auch in Bewusstlosigkeit möglichst lange leben wollen oder wann gegebenenfalls die medizinischen Geräte abgestellt werden sollen.
Zypries-Vorlage bereits 2004
Der nun verabschiedete Stünker-Entwurf knüpft an eine Vorlage an, die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) bereits 2004 erarbeitet, mit Beginn der Großen Koalition aber wieder zurückgezogen hatte. Danach sollen Menschen umfassende Möglichkeiten haben, ihren Patientenwillen schriftlich zu erklären. So können sie beispielsweise Rettungsmaßnahmen nach einem Unfall untersagen, wenn schwere Hirnschäden oder dauerhafte Pflegebedürftigkeit drohen.
Auch künftig keine aktive Sterbehilfe
Die Verfügung soll immer und in jeder Krankheitsphase verbindlich sein, wenn der Patient sich nicht anders äußert. Dabei soll aber auch ein "natürlicher Wille" als neue Äußerung gelten, etwa wenn ein demenzkranker Mensch nicht mehr sprechen kann, trotzdem aber Lebensfreude zeigt und so deutlich macht, dass er leben will. Patientenverfügungen, die bei bestimmten Krankheiten eine aktive Sterbehilfe verlangen, sind auch künftig unwirksam.
Missachtung der Verfügung ist Körperverletzung
Eine Missachtung der Patientenverfügung gilt als Körperverletzung. Ärzte und Betreuer sollen den Willen des Kranken gemeinsam auslegen, nur im Streitfall entscheidet ein Gericht. Die Betreuer werden vom Gericht bestellt und kümmern sich um die Angelegenheiten von Menschen, die nicht mehr selbst entscheiden können. Meist sind dies nahe Angehörige, es gibt aber auch hauptamtliche "Berufsbetreuer". In einer gesonderten Betreuungsverfügung kann jeder angeben, wer bei Bedarf Betreuer werden soll.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP