Politik

Untergetaucht in London Williamson wieder in Europa

Der Holocaust-Leugner und umstrittene Pius-Bruder Richard Williamson ist zurück in Europa. Der britische Bischof kam aus Buenos Aires in London an. Damit folgte er einer Aufforderung zur Ausreise der argentinischen Regierung.

Nach der Landung auf dem Flughafen Heathrow stieg er, umringt von Polizisten und Journalisten, ohne Kommentar in ein wartendes Auto und fuhr davon. Wo der 68-Jährige untertauchte, blieb unklar. Anders als in Deutschland ist das Leugnen der Ermordung von Millionen von Juden in Großbritannien keine Straftat.

Die Rücknahme der Exkommunizierung von Williamson durch Papst Benedikt XVI. hatte vergangenen Monat für große Empörung gesorgt. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte in einer ungewöhnlichen Kritik eine eindeutige Klarstellung des Papstes gefordert. Der Bischof der erzkonservativen Pius-Bruderschaft hatte behauptet, dass in Nazi-Lagern nicht sechs Millionen Juden umgebracht wurden, sondern maximal 300.000, davon allerdings keiner in Gaskammern. Einer Aufforderung des Papstes, seine Aussagen zu widerrufen, widersetzte sich Williamson. Er müsse erst die "Tatsachen" neu untersuchen, sagte er in einem Interview. Der Holocaust ist historisch völlig unstrittig.

Kein Auslieferungsantrag

Die Regensburger Staatsanwaltschaft wies indes Gerüchte zurück, dass Deutschland auf eine Auslieferung Williamsons dringe. "Es gibt keinen Haftbefehl und es gibt keinen Auslieferungsantrag", sagte Oberstaatsanwalt Edgar Zach. Die Staatsanwaltschaft hatte Ermittlungen eingeleitet, weil das Williamson-Interview für das schwedische Fernsehen nahe Regensburg aufgezeichnet worden war. Diese Ermittlungen könnten "noch Monate" dauern, sagte Zach.

Die Regierung seiner ehemaligen Wahlheimat Argentinien hatte Williamson wegen "Unregelmäßigkeiten" in seinem Visumantrag und der Leugnung des Holocausts zum Verlassen des Landes gedrängt. Rechtliche Bedenken gegen die Einreise Williamsons nach England gab es nicht, da er sich nach Angaben der Regierung nicht strafbar gemacht hat.

Bei Bruderschaft untergetaucht?

Die Pius-Bruderschaft hatte sich zwar von Williamsons Äußerungen zur Judenvernichtung während der Nazizeit distanziert. Allerdings werden auch der Bruderschaft antisemitische Tendenzen vorgehalten. Die Londoner Bruderschaft hatte nach eigenen Angaben angeblich keine Informationen über seinen Verbleib. Dennoch wurde vermutet, dass Williamson zunächst dort unterkam.

Die Zentrale der Priesterbruderschaft im Schweizer Menzingen erklärte auf Anfrage, dass Williamson nicht auf Weisung des Generaloberen Bischofs Bernard Fellay nach England geflogen sei. Es handele sich um eine private Entscheidung Williamsons. Fellay hatte ihn aufgefordert, seine Thesen zum Holocaust zu widerrufen. Eine Entscheidung, ob die Priesterbruderschaft Williamson weiterhin offen stehe, sei noch nicht gefallen und hänge ab von seinen künftigen Äußerungen zum Holocaust. Wo sich Williamson in England aufhält, sei nicht bekannt. Auch die Katholische Bischofskonferenz von England und Wales konnte nichts über Williamsons Pläne sagen.

Papst soll Stellung beziehen

Unterdessen forderte der Oberrabbiner Israels, Shlomo Amar, von Benedikt XVI. eine offizielle Erklärung für die Rückkehr Williamsons in die Gemeinschaft der katholischen Kirche. Die Aufhebung der Exkommunikation ist dem Oberhaupt der sefardischen Juden Israels unverständlich. "Es geht hier doch nicht um Missverständnisse und Hass aus vergangenen Jahrhunderten, sondern um geschichtliche Fakten, die keine 70 Jahre zurückliegen", sagte er dem Magazin "Cicero".

Der französische Traditionalisten-Erzbischof Marcel Lefebvre hatte 1988 Williamson und drei andere Geistliche gegen den Willen des Vatikans zum Bischof geweiht. Anschließend war alle Traditionalisten- Bischöfe aus der katholischen Kirche ausgeschlossen (exkommuniziert) worden. Zuletzt hatte Williamson das Priesterseminar der erzkonservativen Pius-Bruderschaft im argentinischen La Reja geleitet.

Gefahrloses Holocaust-Leugnen

Nach Medien-Informationen hatte Williamson vor seiner Ankunft in Großbritannien Kontakt zum umstrittenen Historiker und Holocaust-Leugner David Irving (70). "Er ist kein Holocaust-Leugner, er glaubt nur wie ich nicht an das ganze Ausmaß", sagte Irving der britischen Tageszeitung "The Times". Irving schickte Williamson nach eigener Aussage eine E-Mail mit Hinweisen, welche Aussagen zum Holocaust er ohne Probleme machen könne. "Ich habe eine Mail bekommen, in der er sich dafür bedankt hat", sagte Irving.

Irving war in Österreich wegen Leugnens nationalsozialistischer Verbrechen zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden, kam aber vorzeitig aus der Haft frei.

Quelle: ntv.de

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