Verbände drohen Wirtschaft lehnt Mindestlohn ab
01.11.2011, 10:51 Uhr
Eine Studie der Bundesregierung sieht trotz Mindestlohn keine Nachteile für den Arbeitsmarkt.
(Foto: dapd)
Nach dem Vorstoß von Bundeskanzlerin Merkel für einen Mindestlohn ringt die CDU um Einigkeit. Der Wirtschaftsflügel der Christdemokraten solle "Widerstand" gegen die Pläne leisten, erregt sich Junge-Union-Chef Mißfelder. Die Arbeitgeber drohen mit Entlassungen, der Hotel- und Gaststättenverband sagt: Die Politik soll sich heraushalten. Die Arbeitnehmer in der Partei hoffen auf Einsicht.
Die Wirtschaft wehrt sich gegen Pläne der CDU für eine flächendeckende Lohnuntergrenze. "Regelungen der Tarifpartner müssen auch weiterhin Vorrang gegenüber jeder rein staatlichen Lohnfestsetzung haben", sagte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Otto Kentzler, der "Rheinischen Post". Das Handwerk sei für branchenspezifische Lösungen. "Sie haben sich im Handwerk seit Jahren bewährt", betonte Kentzler.
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt bekräftigte seine Ablehnung eines allgemeinen Mindestlohnes. "Wir benötigen keine weiteren gesetzlichen Regelungen", sagte Hundt. Schon heute gebe es genug tarifliche und gesetzliche Werkzeuge, um Löhne festzusetzen. Ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn werde geringer Qualifizierte von der Teilnahme am Arbeitsleben ausschließen, warnte Hundt. Die Sicherung eines Mindesteinkommens mit ergänzenden Hilfen sei für den Staat günstiger als die dauerhafte Finanzierung von Langzeitarbeitslosigkeit.
Ringen vor dem Parteitag
Nach langer Ablehnung peilt die CDU branchenübergreifende Mindestlöhne an, die von einer Kommission aus Gewerkschaften und Arbeitgebern festgelegt werden sollen. Das sieht ein von CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützter Antrag für den Parteitag in Leipzig in zwei Wochen vor. Die Untergrenze soll sich am Tarifniveau der Zeitarbeit orientieren. Dort liegt der Mindestlohn bei 6,89 Euro im Ostdeutschland und bei 7,79 Euro im Westen.
Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft der CDU hofft auf Einsicht bei den Arbeitgebern. Ihr stellvertretender Vorsitzender Ralf Brauksiepe sagte dem "Weser-Kurier": "Wenn die Tarifautonomie an Bindungskraft verliert, muss die Politik eingreifen." Er glaube nicht, dass sich eine Tarifpartei der Mitarbeit in einer Kommission verweigern könne. Schließlich wolle man eine Lösung mit den Tarifparteien und nicht ohne sie.
Mißfelder fordert Widerstand
Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, forderte den Wirtschaftsflügel der Union zum Widerstand gegen die Pläne auf. Der "Leipziger Volkszeitung" sagte er: "Jetzt ist die Stunde für den Wirtschaftsflügel gekommen, sich der Diskussion zu stellen und standhaft zu bleiben. Die Union wird nicht gewinnen, wenn sie nur von einem Flügel getragen wird." Das letzte Wort über den Erfolg des Mindestlohn-Antrages beim Leipziger Bundesparteitag sei noch nicht gesprochen.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga geht von Entlassungen im Gastgewerbe aus, wenn die Pläne der CDU für eine flächendeckende Lohnuntergrenze umgesetzt werden. Gerade das Gastgewerbe biete etwa jungen oder unqualifizierten Menschen Arbeitsplätze. Zudem seien die Löhne in den meisten Bereichen bereits tariflich ausgehandelt. "Da halte ich die Mindestlöhne, wie sie hier diskutiert werden von 8,50 oder 10 Euro, für unvertretbar", sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges zum CDU-Vorstoß.
Die derzeitige Debatte sei widersprüchlich, "wenn man auf der einen Seite sagt, das orientiert sich an der Zeitarbeit und wenn man auf der anderen Seite sagt, wir respektieren die Tarifhoheit", sagte Hartges. Für die Politik gebe es keinen Handlungsbedarf: "Ich kann der Politik nur dringend raten, sich da rauszuhalten."
Quelle: ntv.de, dpa