Politik

Vorbereitung auf Klimawandel Wirtschaft soll umdenken

Das Bundesumweltministerium hat die deutschen Unternehmen zur Abkehr von der bisherigen Wirtschaftsstrategie aufgerufen. "Die Wirtschaft glaubt, dass Wachstum und Beschäftigung überwiegend auf Kosten der Natur zu erreichen und Ressourcen unendlich sind." Aber dies sei ein Irrglaube, sagte der parlamentarische Staatssekretär Michael Müller der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Der SPD-Politiker forderte, stattdessen intelligenter mit Energie und Rohstoffen umgehen.

Nach Müllers Worten kommen auf die Deutschen schärfere Auflagen für das Energiesparen zu, insbesondere beim Wohnungsbau. "40 Prozent des Energieeinsatzes werden für Heizung und Wärme verbraucht", erklärte der Staatssekretär. "In diesem Bereich müssen wir 40 bis 60 Prozent Verringerung erzielen." Zusätzliche Kosten für die Verbraucher würden durch niedrigere Heizrechnungen kompensiert. Bei der Finanzierung eines solchen Modells hofft Müller auf die Hilfe von Sparkassen und Banken, "etwa durch günstigere Kredite und eine Verlängerung der Amortisationszeiten".

Grüne Kritik an Klimapolitik

Die Grünen werfen der Bundesregierung jedoch vor, "heiße Luft" in der Klimapolitik zu produzieren. Die Regierung erreiche die deutschen Klimaschutzziele nicht, kritisierte Parteichef Reinhard Bütikofer in Berlin. Zwischen den Ministerien würden die geplanten Maßnahmen zur Einsparung von Kohlendioxid derzeit sogar verwässert. Co-Parteivorsitzende Claudia Roth warf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Unglaubwürdigkeit vor. Sie bezog sich darauf, dass Merkel sich für den Bau des umstrittenen Steinkohlekraftwerks in Lubmin bei Greifswald stark gemacht hatte. Gleichzeitig warb Roth für ein national und international geschlossenes Eintreten gegen die Erderwärmung: "Was wir jetzt brauchen, sind keine Streitereien, keine Verzögerungstaktik, keine Schuldzuweisungen."

Der Weltklimarat IPCC hatte im diesjährigen Klimabericht ein bedrohliches Bild für den Fall gezeichnet, dass Industrie- und Entwicklungsländer kein gemeinsames Gegensteuern beschließen. Ohne eine schnelle Reduzierung der erderwärmenden Treibhausgase muss sich die Welt demnach auch in landwirtschaftlich wichtigen Gebieten auf Dürreperioden und an dicht besiedelten Küsten auf schwere Überflutungen einstellen. Das 26-seitige Papier soll Diskussionsgrundlage der Klima-Konferenz auf Bali sein, die am 3. Dezember beginnt.

Anpassungsmaßnahmen in Vorbereitung

Unterdessen hat sich in Deutschland eine neue "strategische Allianz von Behörden" etabliert, um die Bevölkerung besser auf die im Zuge des Klimawandels erwarteten Katastrophen und Veränderungen in der Umwelt vorzubereiten. Ein erstes Treffen fand in Bonn statt. Beteiligt sind das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), das Umweltbundesamt (UBA), der Deutsche Wetterdienst und die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk. In der Bundesregierung wird unter Federführung des Umweltministeriums bereits eine "nationale Anpassungsstrategie" vorbereitet, meldete die Nachrichtenagentur unter Berufung auf das Umweltbundesamt. Die Strategie soll Ende nächsten Jahres vom Kabinett verabschiedet werden.

Von Seiten der Wissenschaft gebe es mit den Berichten des Weltklimarates keine Zweifel mehr an einem vom Menschen gemachten Klimawandel, sagte der Meteorologe und Klimaforscher Prof. Mojib Latif. Die Erderwärmung werde sich selbst bei Gegensteuern in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen, und von ihr werde auch Deutschland betroffen sein. Deshalb seien auch in Deutschland Anpassungsmaßnahmen notwendig.

In Deutschland sei im Winter mit einer Zunahme der Niederschläge zu rechnen, sagte Latif. Es werde mehr zu starken Regenfällen und damit zu Überschwemmungen kommen. Besonders im Westen des Landes werde es "keine Winter" mehr geben, da die Zahl der Frosttage stark zurückgehen werde. Im Sommer werde es mehr Hitzetage und wenige Niederschläge geben. "Tage mit mehr als 30 Grad Celsius werden alltäglich werden, und es wird auch Tage mit 40 Grad Celsius geben." Eine extreme Trockenheit und sintflutartige Regenfälle seien zu erwarten.

Für den Bevölkerungsschutz in Deutschland ergäben sich durch Folgeszenario der Erderwärmung neue Herausforderungen, sagte BBK- Präsident Christoph Unger. Aus drohenden Dürren etwa ergäben sich neue Folgerungen für den Brandschutz. Die Bevölkerung müsse mit solchen Wetterextremen rechnen und sich auch selbst darauf vorbereiten. Das bedeute etwa auch, Lebensmittelvorräte anzulegen oder mit Batterien betriebene Radiogeräte im Haus zu haben.

Gefährdet seien neben Menschen insbesondere kritische Infrastrukturen, die für die Versorgung der Bevölkerung notwendig seien - etwa Kraftwerke und die Stromversorgung, erläuterte Unger. Das Gesundheitswesen werde sich mit neuen Krankheiten konfrontiert sehen, die Landwirtschaft mit verändertem Pflanzenwachstum.

Für die zuständigen Behörden gehe es darum, zunächst einmal eine Risikoanalyse zu erarbeiten und auch eine Bestandsaufnahme vorzunehmen, was in ganz Deutschland und auch regional an Ressourcen zum Bevölkerungsschutz zur Verfügung stehe, sagte Unger. Die zu erwartenden Wetterextreme erforderten neue Überlegungen zur Vorsorge, bei den Bewältigungsstrategien und der Nachsorge.

Quelle: ntv.de

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