Kanzler-Kandidaten beim BDI Wirtschaft und Stoiber einig
11.06.2002, 08:25 UhrRund drei Monate vor der Bundestagswahl ist es zum öffentlichen Schulterschluss zwischen Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) und der Wirtschaft gekommen. Stoiber versprach auf der Jahrestagung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin, zentrale Forderungen der Wirtschaft zu erfüllen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hingegen machte deutlich, die vom BDI verlangten tiefen Einschnitte in das Sozialsystem werde es mit ihm nicht geben.
Die Lohnnebenkosten, die Staatsquote und der Spitzensatz der Einkommensteuer sollten jeweils unter 40 Prozent gedrückt werden, sagte Stoiber. Ab 2004 versprach er Bürgern und Unternehmen eine zusätzliche Steuerentlastung von zehn Mrd. Euro. Er wolle die Rahmenbedingungen für mehr Wirtschaftswachstum und Beschäftigung "grundlegend neu justieren", erklärte der CSU-Politiker. Dabei werde er sich am Grundsatzpapier des BDI orientieren.
Für den Fall eines Wahlsiegs kündigte Stoiber einen Konvent zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung Deutschlands an. Daran sollten Experten und Politiker aller Parteien beteiligt werden. Das föderale System sei zu kompliziert. Die Zahl der Gesetze, die durch den Bundesrat müssen, solle reduziert werden. Stoiber griff damit eine Anregung von BDI-Vize Hans-Olaf Henkel auf. Dieser hatte vor Beginn der Tagung im "Handelsblatt" einen Reformkonvent für die Modernisierung Deutschlands gefordert.
Schröder verlangt Fairness
Schröder rief die Wirtschaft zu Fairness auf. "Wir sind weiter gekommen als viele von Ihnen das vermutet haben", sagte der Kanzler mit Blick auf die Wirtschaftspolitik. "Das macht mich so optimistisch und sicher, dass die Menschen uns beauftragen werden, diesen Weg auch weiterzugehen", erklärte er. Er hoffe hierbei auf die Unterstützung der Wirtschaft.
Es habe Kraft gekostet, die Rentenversicherung auf eine zweite, private Säule zu setzen, sagte Schröder. Damit wies er Wünsche des BDI nach weiteren Umsteuerungen aller Sozialversicherungs-Zweige auf private Finanzierungen der Versicherten zurück.
Als wichtige Aufgabe der kommenden Legislaturperiode nannte Schröder die Gesundheitsreform. Dabei werde eine SPD-geführte Regierung jedoch nicht von dem Prinzip abrücken, "dass derjenige, der krank ist, unabhängig von seinem persönlichen Einkommen jenes Maß an medizinischer Versorgung bekommt, die er braucht, um wieder gesund zu werden".
Rogowski stellt Aufgabenkatalog
Rogowski hielt Schröder vor: "Strukturelle Reformen für die Erneuerung unseres Landes bringen wir nur zaghaft zu Stande." Er stellte der künftigen Bundesregierung einen Aufgabenkatalog in fünf Punkten: mehr Eigenvorsorge der Bürger, weniger Bürokratie, "mehr Markt am Arbeitsmarkt", weniger Steuern und Abgaben und mehr Investitionen des Bundes.
Neben Stoiber und Schröder trat auch der Spitzenkandidat der FDP, Guido Westerwelle, auf der BDI-Tagung ans Rednerpult. In seiner Rede verlangte er die Abschaffung der Ökosteuer und plädierte für drastische Senkungen bei der Einkommensteuer. Dies sei durchaus finanzierbar. Eine große Steuerreform sei der Schlüssel zur Überwindung der hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland.
Quelle: ntv.de