Ausländische Spezialisten Wirtschaft will anwerben
04.03.2007, 20:08 UhrAngesichts des Fachkräftemangels in Deutschland wirbt die Wirtschaft verstärkt für niedrigere Hürden bei der Zuwanderung ausländischer Spezialisten. In einem Brief an Wirtschaftsminister Michael Glos setzte sich der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, dafür ein, die Zuzugsbedingungen für qualifizierte Ausländer zu erleichtern, wie die "Bild am Sonntag" berichtete.
Für ausländische Berufseinsteiger mit einem Studienabschluss in Deutschland soll nach Brauns Vorstellungen ein Mindestgehalt von 40.000 Euro jährlich reichen, um ein Daueraufenthaltsrecht zu erhalten. Derzeit liegt die Grenze bei 85.500 Euro. Dies sei "gerade für kleine und mittlere Unternehmen häufig eine zu hohe Hürde", zitierte das Blatt den Verbandspräsidenten.
Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Ludwig Stiegler reagierte mit scharfer Kritik und sprach von dreisten Forderungen. Die Unternehmerschaft solle ihre Fachkräfte selber ausbilden und sich nicht bei anderen bedienen. Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach dagegen sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Innenpolitiker der Koalition seien sich über Erleichterungen einig gewesen, die Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) aber blockiert habe.
Stiegler: "So nicht"
Braun macht sich seit langem dafür stark, die Hürden für die Zuwanderung von Hochqualifizierten und ausländischen Selbstständigen zu senken. Ausländer, die in Deutschland eine Firma gründen wollen, sollen Braun zufolge nur noch 500.000 Euro investieren und fünf Arbeitsplätze schaffen müssen. Derzeit sind die Anforderungen dopppelt so hoch. "Der Arbeitskräftemangel dürfte sich schon in naher Zukunft spürbar verschärfen", warnte Braun dem Zeitungsbericht zufolge. Allein in der Informationstechnologie-Branche fehlen nach Angaben des Branchenverbandes Bitkom derzeit rund 20.000 Spezialisten.
"Das könnte Ludwig Georg Braun und seinen Herren so passen: Selber Ausbildungsleistungen und Ausbildungskosten sparen und sich an den Ausbildungsleistungen anderer zu bedienen", erklärte Stiegler. Das komme überhaupt nicht in Frage, solange nicht alle Jugendlichen eine Ausbildungschance hätten. Es sei "wirklich dreist, wie da einige ohne Rücksicht auf die Belange und Probleme der Heimatgesellschaft nur darauf aus sind, fremde Ausbildungsleistungen auszubeuten, statt der eigenen Verantwortung gerecht zu werden", kritisierte Stiegler. "So geht es nun wirklich nicht."
Nach Worten Bosbachs herrscht zwischen den Innenpolitikern der Koalition Konsens über eine erleichterte Zuwanderung von Höchstqualifizierten. "Hier waren wir uns schon einig. Doch das ist auf entschiedenen Widerstand des Arbeitsministers gestoßen", sagte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef. Sollte Müntefering seine Meinung ändern, würde er dies sehr begrüßen. Hochqualifizierte Fachkräfte nähmen niemandem in Deutschland den Arbeitsplatz weg, sondern schafften im Gegenteil neue Jobs.
Quelle: ntv.de