Politik

Forderung nach Neuwahl Wowereit will nicht

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sieht trotz der hauchdünnen Mehrheit von nur noch einer Stimme keine Gefahr für seine rot-rote Koalition. "Diese Koalition hat eine Mehrheit im Parlament", sagte Wowereit. "Das war schon bisher eine knappe Mehrheit, keine komfortable Mehrheit. Aber wir haben alle Herausforderungen mit Bravour bestanden, und ich habe keinen Zweifel daran, dass die Mehrheit auch jetzt steht." Neuwahlen schloss der Regierungschef aus. FDP und Grüne verlangten dagegen, dass sich der rot-rote Senat dem Votum der Bürger stellen müsse.

Die Abgeordnete Canan Bayram war am Vortag überraschend aus der SPD-Fraktion ausgetreten und zu den Grünen gewechselt. Die Mehrheit von SPD und Linke schmolz so auf eine Stimme zusammen. Rot-Rot verfügt jetzt über 75 Mandate, die Opposition aus CDU, FDP und Grünen hat nun 74 Abgeordnete.

Die Gefahr des endgültigen Verlustes ihrer Mehrheit ist für die Regierungsfraktionen vorerst gebannt. Der Linke-Politiker Carl Wechselberg sagte, er denke ernsthaft darüber nach, die Linke zu verlassen, wolle aber in der Fraktion im Abgeordnetenhaus bleiben.

Die Verantwortung für einen möglichen Parteiaustritt gab Wechselberg seiner Bundespartei. "Ich bin einer der überzeugtesten Verfechter des rot-roten Projektes in Berlin", sagte der 40-jährige Haushaltsexperte. "Meine Kritik, meine Fehde richtet sich in allererster Linie gegen meine eigene Partei, die ich als zutiefst populistisch und sektiererisch empfinde."

"Neben der Sache"

Wowereit wies die Kritik Bayrams, Frauen würden in der SPD zu wenig Führungspositionen besetzen, zurück. "Diese Kritik ist völlig neben der Sache, die entspricht nicht der Realität." Der Regierungschef sieht keinen Grund, jetzt Konsequenzen zu ziehen. "Ich bin sicher, dass die Koalition ihre Mehrheit bis zum Ende der Legislaturperiode 2011 behaupten wird."

Auch die Linke-Fraktionsvorsitzende Carola Bluhm ist überzeugt, dass die rot-rote Koalition bis 2011 halten wird. Dazu hätten sich in ihrer Fraktion alle Mitglieder bekannt, sagte Bluhm im RBB-Inforadio.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Henkel bescheinigte dem Senat "eine schwere Regierungskrise." Angesichts dieser denkbar knappen Mehrheit könne er sich nicht vorstellen, dass die Koalition noch bis 2011 durchhalte. Er befürchte, dass SPD und Linke kontroverse Themen jetzt einfach aussparten. Damit drohe der Hauptstadt mitten in der Wirtschaftskrise eine "Lethargie".

Ruf nach Neuwahl

Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann sagte, die Grünen hätten keine Veranlassung, dem rot-roten Senat jetzt Mehrheiten zu beschaffen. "Wir machen weiterhin grüne Politik und werden unsere Positionen nicht aus taktischen Gründen wechseln." Wie verlässlich die eine Stimme Mehrheit sei, werde sich bereits bei den anstehenden Haushaltsberatungen in diesem Jahr zeigen.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Renate Künast, forderte in der "Leipziger Volkszeitung" Neuwahlen: "Man muss sich dem Votum der Bürger stellen." Auch der Berliner FDP-Chef Markus Löning verlangte Neuwahlen, parallel zur Bundestagswahl am 27. September. "Politisch ist die Mehrheit weg für Rot-Rot."

Quelle: ntv.de, dpa

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